Sigur Rós 14.10.17 Frankfurt, Jahrhunderthalle
Ein virtueller Brief, eine Kurznachricht und ein Telefonat reichten aus, um letzten Samstag ein Hoch auf spontane Entschlüsse zu feiern: Zusammen mit einem Frisch-Frankfurter besuchte ich in der dortigen Jahrhunderthalle zum zweiten Mal in diesem Jahr ein Konzert von Sigur Rós. Bislang in der kleinsten Lokalität - etwa fünftausend Leute bei ausverkauftem Sitzbereich in der hinteren Saalhälfte - und erstmals im vorderen Bereich stehend durfte ich die Isländer, erneut zu Dritt und nicht eben selten mit Verstärkung vom Band, hören und beobachten.
Gefühlt noch ruhiger als beim letzten Mal verlief das erste Set des Abends. Kleine Variationen, sowohl in der Setliste als auch in manchen Songs, waren zu bemerken; so hatte ich manchmal den Eindruck, als sei das ohnehin meist gemächliche Tempo um ein weiteres Quäntchen reduziert. Kleine Technikprobleme, insbesondere mit dem Sound, schienen zu Anfang und etwa in der Mitte des ersten Durchgangs hinzu zu kommen, doch tat es dem Hörgenuss kaum Abbruch. Auch die Visualisierungen auf und hinter der Bühne schienen mir zum letzten Mal vor einem halben Jahr leicht verändert: Es waren mehr Lichtspiele als projizierte Motive auf der Leinwand am hinteren Bühnenrand zu sehen, auch die Bildschirme an den Seiten der Bühne fehlten, was mir persönlich sogar fast noch besser gefiel. Dennoch kam nach einer guten Stunde, in welcher nicht nur ich mir ein wenig mehr Dynamik gewünscht hätte, die Pause als Unterbrechung des ruhigen Flusses nicht ungelegen.
Nach knapp zwanzig Minuten, in welchen der Raucherbalkon zeitweise wegen Überfüllung nicht zugänglich war, ging es weiter. Und auch hier natürlich die Parallele zur letzten Show, als die drei Musiker zwischen hinterem Bühnenrand und dem davor angebrachten Maschenvorhang eröffneten, ehe sie sich wieder nach vorne begaben. Im etwa fünfundfünfzig Minuten andauernden zweiten Set waren dann vermehrt rockige Passagen zu vernehmen, die den Auftritt insgesamt deutlich aufpeppten. Gerade auch gepaart mit der einen oder anderen stimmlichen Einlage Jónsis, bei welcher das Publikum glücklicherweise bald begriff, mit dem Applaudieren noch zu warten, bis der Künstler geendet hat, war mehr der anfangs vermissten Dynamik und Abwechslung zu hören und spüren. Dies hielt an und steigerte sich zum Finale, als mich insbesondere bei Basser Goggi der amüsierte Eindruck erwischte, er habe seit nunmehr zwei Stunden auf "Popplagið" gewartet, bis er endlich mal so richtig losrocken konnte. Auch der Sänger wirkte zum Ende hin deutlich extrovertierter und ließ gar vor dem letzten Stück ein paar, wenn auch mir völlig unverständliche Sätze, gen Publikum verlauten. Zugaben wurden erneut keine gegeben, Sigur Rós kamen dennoch zweimal zurück auf die Bühne, um sich vom applaudierenden Publikum zu verabschieden.
So kann ich fazitieren, dass die ohnehin nicht erwarteten Überraschungen ausblieben, das Konzert akustisch wie visuell ein Genuss war und das größte Manko darin bestand, dass mittlerweile viel zu viele Menschen es als wichtiger empfinden, alle Nase lang qualitativ extrem minderwertige Bilder zu machen und dabei mit ihren Smartphones anderen Leuten vor der Sicht rumzufuchteln, anstatt sich einfach mal öfter drauf einzulassen, den Moment live zu genießen...
Nach dem Konzert hingen wir noch ein wenig in der Halle und davor herum, ehe wir die S-Bahn in Anspruch nahmen und in einer de-zentralen Stadtteilkneipe noch ein wenig versumpften. So war ein spontaner Ausflug wiederholt unter verschiedenen Gesichtspunkten ebenso bereichernd wie lohnenswert, zumal sich am nächsten Tag auf dem Weg zum Bahnhof noch ein kleiner Spaziergang durch die überaus sonnige Frankfurter Innenstadt ergab...
Die Recherche ergab folgende Setliste:
Set 1
Á / Ekki Múkk / Glósóli / E-Bow / Dauðalagið / Niður / Varða
Set 2
Óveður / Sæglópur / Ný Batterí / Vaka / Festival / Kveikur / Popplagið
19.10.17