James Yuill 28.09.10 Berlin, Comet Club
Pünktlichkeit ist eine Tugend, die hierzulande wohl geschätzt wird. Weitaus weniger willkommen erscheint mir diese hingegen bei Konzertveranstaltungen. Dort nämlich kann es überaus ärgerlich sein, wenn man kurz nach angekündigtem Beginn eintrifft, und der Künstler bereits am Wirken ist.
Mit solch widrigem Umstand zu kämpfen hatten mein Begleiter und ich beim Besuch eines Auftritts des jungen Londoners James Yuill. In hellem Hemd und dunkler Krawatte, Hornbrille sowie seitengescheitelt blondem Haupthaar wuselte jener bereits höchst konzentriert zwischen Läptops, Touchpäds, E-Percussion und anderen vielbeknopften Geräten umher, die akustische Gitarre hierbei häufig auf dem Rücken tragend. Der Opener vom aktuellen, zweiten Album "Movement In A Storm" schallte soeben - in beinahe technoid zu nennender Manier - durch den ausverkauften, etwa zweihundert Menschen fassenden Club, welcher dennoch genügend Raum zum Tanzen oder einfach kopfnickender Weise gemütlich rumstehen ließ. Derart elektronisiert sollte sich der Reigen fortsetzen: Immer wieder kam auch die Gitarre zum Einsatz, im Sound hin und wieder gar so entfremdet, dass sie nur bedingt als solche auszumachen war, dann mitunter gerne, um schlichte, akustische Begleitriffs einzuflechten.
Bald enthüllte sich dem geneigten Hörer, dass die Stücke vorrangig von den Gesangsmelodien getragen waren, unerheblich, ob sie in musikalischer Grundausstattung in fast überbordende Sound- und Rhythmuseskapaden getränkt waren oder ein schüchterner Schwerpunkt auf Saitenklängen lag. So gefielen mir die ruhigeren Stücke, wenn Ausgewogenheit zwischen beiden Welten erklang, am Besten. Hierbei stach mir insbesondere die Single 'This Sweet Love' vom Debut "Turning Down Water For Air" ins Ohr, meinem unangefochtenen Lieblingssong des Abends und ein wahres Kleinod moderner Pop-Musik. Zwischen den Stücken bedankte sich der durchaus sympathische Brite immer wieder höflich beim Publikum, tat seine Überraschung kund, dass so viele Menschen gekommen waren, sagte kurz seine Songs an, um dann mit offensichtlicher Freude fortzufahren.
Visuell ergänzt war die Präsentation durchgängig mit Projektionen, die je nach Bedarf graphische Animationen, Comic-Strips oder den Protagonisten als beinahe synchron zum Live-Gebahren bewegte Zeichnung im Hintergrund des Geschehens zeigten, was neben den ausnahmslos guten Klangverhältnissen für eine sehr ansprechende Gesamtdarbietung sorgen konnte. Die Setliste hielt indes natürlich überwiegend Songs des aktuellen Albums bereit, wovon mir nachhaltig 'Crying For Hollywood' auffalen konnte. Vom Erstwerk erinnere ich mich außer an oben genanntes noch an 'No Pins Allowed' sowie - als allerletzte Zugabe und schön ausufernd gespielt - 'Over The Hills'.
Nach geschätzt 75 Minuten Spielzeit, begeistert beklatscht vom überwiegend jungen Publikum, hatte der gerne als Folktroniker bezeichnete Herr Yuill mangels Bäckstage-Ausgang denn ein wenig zu tun, die kleine Bühne schließlich verlassen zu können, wollte er doch direkt im Anschluss Posters, Shirts und Tonträger zu verkaufen, welche er selbstverständlich mit unverhohlender Plaisir zu signieren gedachte. Ein ausgesprochen hübsches Verklingen eines eher ungewöhnlichen Konzertabends.
3.10.10