Wilco                                                            7.11.11 Basel, Kaserne

 

Kalt, neblig, Regen. Dies authentische Antlitz zeigte der vergangene Novembermontagabend, als mein höchst aufmerksamer Begleiter und ich uns auf den Weg in den äußersten Nordwesten der Schweiz begaben. Nach Parkplatzfund und kurzem Fußweg in der Reithalle der Basler Kaserne angekommen, spielte bereits ein gewisser Jonathan Wilson mit seiner Bänd ein gemütliches und sehr gut auf die Hauptbänd einstimmendes Set mit vielen langen Instrumental-passagen. Wir nutzten die Zeit zunächst um anzukommen, uns einem stärkenden Getränk zu widmen und Blicke in der Lokalität umher schweifen zu lassen, um in der Pause den Weg Richtung Bühne einzuschlagen.

Dort schraubten, taten und machten derweil die Roadies eifrig, sodass binnen einer halben Stunde die Bühne bereit war für Jeff Tweedy's Wilco. Mit "Dawned On Me" eröffnete das Sextett wortlos das Set. Der Sound steckte noch etwas im suboptimalen Bereich, während die Bänd alsbald aufgewärmt schien und mit "I Might" die Vorab-Single des aktuellen - nebenbei erwähnt ziemlich gut gelungenen -  Albums 'The Whole Love' folgen ließ. Zwei ausgesprochene gute-Laune-Stücke also zum verheißungsvollen Auftakt, denen lediglich der leicht dröhnige Sound in den vorderen Reihen anzukreiden wäre, für welchen natürlich die Musikanten nicht verantwortlich gemacht werden können. Diese zeigten sich zu jeder Zeit sehr konzentriert bei der Sache, angefangen vom durchweg behuteten Herrn Tweedy an elektrischer wie akustischer Gitarre und dem zeitweise am Rande des Irrsinns wirkenden Lead-Gitarristen zur Linken des Chefs. Dahinter verdingte sich der Keyboarder nebst dem ausgezeichneten Drummer. Die rechte Bühnenseite - von Publikumswarte aus betrachtet - teilten sich der Bassist mit einem weiteren Keyboarder, welcher immer wieder zwischen dritter Gitarre und Tasten pendelte. Nach etwa der Hälfte des regulären Sets richtete der Frontmann erstmals eine kleine Rede ans Publikum, erzählte, erstmals in Basel zu sein und dass der Weg hierhin nicht ganz einfach gewesen sei. Offenbar gab es unterwegs Unstimmigkeiten mit irgendwelchen französischen LKW-Fahrern.

Wie dem auch gewesen sein mag, ab dem Moment der Ansprache, welchem die "Handshake Drugs", einer der besten Songs des Albums 'A Ghost Is Born' folgte, schienen das Ensemble auf der Bühne und dessen etwa acht- bis neunhundertköpfiges Publikum im recht vollen Saal zu einer abendlichen Einheit zusammengewachsen. Oder anders gesagt: von hier an hörte man nicht nur richtig gute Musik, auch der Funke hatte nun endlich seinen Sprung getan. Allmählich konnten der ausgesprochen guten Stimmung auch die klanglichen Verhältnisse angepasst werden - lediglich die Stimme des Sängers war fast durchweg einen Tick zu leise. Über insgesamt einhundertzwanzig Minuten (incl. zwanzigminütiger Zugabe) spielten Wilco ein sich stets steigerndes Konzert, welches eine ausgewogene Mischung aus neuen und älteren, ruhigen und rockenden Stücken beinhaltete und in welches außerdem von Zeit zu Zeit extravagant-lärmige Einsprengsel geschickt mit eingeflochten waren. Eindrucksvollstes unter so manchen Highlights stellte für mich mit seinen lang ausufernden Gitarrensoli eine hervorragende Version von "Impossible Germany" von 'Sky Blue Sky' dar; weiter ganz vorne mit dabei das eigenwillige, elektrorockverwandte "Art Of Almost" sowie das entspannte Akustik-Glanzlicht "One Sunday Morning (Song for Jane Smiley's boyfriend)".

Ansonsten erinnere ich mich noch an "Born Alone", "Whole Love", "Capitol City" und "Standing O" (alle von der aktuellen Platte), "One Wing", "Bull Black Nova" und "Hummingbird" (von 'Wilco (the album)'), als Eröffnung der Zugaben "Via Chicago" - bei welchem der eingängig schöne Rhythmus immer wieder von Synthie- und Schlagzeugeskapaden kakophonisch unterwandert wurde - und "A Shot In The Arm" (beide von 'Summerteeth') sowie die "Theologians" ('A Ghost Is Born'). Die Reise hatte sich nach kleinen anfänglichen Schwierigkeiten doch mehr als gelohnt, auch der als launig bekannte Jeff Tweedy zog gegen Ende mehrfach gut gelaunt seinen Hut vor dem begeisterten Publikum.

So konnten wir recht müde, aber mindestens genauso glücklich den Heimweg entlang des für uns meist unsichtbaren, doch in unmittelbarer Nähe fließenden Vater Rhein sehr entspannt hinter uns bringen...

13.11.11

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