The Decemberists I'll Be Your Girl (VÖ: 9.03.2018 / Capitol/Rough Trade)
Jetzt haben sie's auch ins Feuilleton geschafft. Eine dienstagabendliche Kultursendung des Deutschlandfunks wurde mit ein paar Songs der Decemberists verziert, jener Bänd um den Sänger mit der eigenwillig charismatischen Stimme, die mich vor weit über zehn Jahren mal jemand hat hören lassen und die mich seither nicht mehr losgelassen hat. Inzwischen haben die Musiker*innen aus Portland/Oregon auf diversen Alben ein paar Wandlungen durchgemacht.
Doch möchte ich sicherlich nicht in das abgedroschene Horn der sich-stets-neu-erfindenden Bänd husten - nein, auch diese Bänd hat sich genau ein Mal erfunden. Das reicht. Seither loten sie ihr Schaffen mit geöffnetem Blickwinkel eben gerne aus, wandeln von epochalem Folk mit seemännischen Anklängen über harte Gitarren als quasi Prog-Folk-Bänd hinüber zu zuckersüßem Pop-Appeal. Und immer wieder Melodien und Geschichten und Melodien und Geschichten.
Auf dem aktuellen Album nimmt das Kollektiv den Folk recht deutlich raus, dafür wird der Gesamtsound mittels Synthies angereichert. Am eklatansten treten diese Einflüsse, die fast schon als Reminiszensen an die Achtziger anmuten, beim dritten Stück, "Severed", auf - was durchaus beim ersten Hören irritierend sein kann.
Die Songs sind zumeist relativ kurz, lassen aber wie gehabt in kaum einer Zeile Ohrwurmqualitäten vermissen. Lediglich das vorletzte Stück, "Rusalka, Rusalka/Wild Rushes" fällt aus diesem Rahmen und wird ein bisschen episch à la 'Crane Wife', ehe der Titelsong das Werk ausklingen lässt. Viele Songs wirken hier wie Miniaturen, fast etwas unfertig; manche Refrains werden so oft wiederholt, dass sich hin und wieder auch mal ein jetzt-ist-aber-gut-Gefühl beim Hören einstellen kann; dann wieder bringt eine E-Gitarre wie aus dem Nichts und völlig unaufgefordert ihre eigene Geschichte in den Song ein ("Sucker's Prayer"), ehe ein Sax in selbiger Manier die Gitarre imitiert ("We All Die Young")...
Somit ist dem Quintett unter Mithilfe ebenso vieler Gäste mit I'll Be Your Girl wie ich finde ein durchaus gutes Album gelungen, das bei allen Irritationen sowohl mit Eingängkeit wie immer wieder neuen Entdeckungen beim wiederholten Hören begeistern kann...
30.03.2018