Kaspar Sternenkind 16.09.21 Freiburg, Theater der Immoralisten
Gutscheine als Geschenke sind ja eher verpönt. Allerdings finde ich Gutscheine für gemeinsam zu besuchende Veranstaltungen alles andere als verpönenswert, denn spätestens letzten Winter sollten wir um die Wichtigkeit begriffen haben, Zeit miteinander zu verbringen. Und wieso nicht gleich auch in dieser Zeit noch ein wenig Kultur goutieren...?
So löste ich am Donnerstagabend bei noch akzeptablen äußeren Temperaturen einen solchen Gutschein mittels gemeinsamen Besuchs einer Open-Air-Vorstellung der Immoralisten ein. Diese hatten sich die Geschichte des Kaspar Hauser vorgenommen und stellten mit dieser höchst gelungenen Inszenierung die Frage, ob nicht in uns allen ein wenig Hauser stecke. Die Macher Kreitmeier und Wetter spielten dabei insbesondere auf einschlägige Fernsehshows an, die Stardom versprechen, es aber kaum zu halten in der Lage sind. Diesem Drang nach Ruhm ist nicht zuletzt der Titel der toll umgesetzten Geschichte, Kaspar Sternenkind, geschuldet.
Interessant war, nebst vielen mehr oder minder versteckten Anspielungen auf reale Personen aus Film und Show, dass die weiblichen Figuren durchweg von Männern gespielt wurden, die Hauptfigur Kaspar, zeitgemäß Kasp genannt, von einer Frau hervorragend dargestellt wurde. Die Geschichte des tragischen Helden wurde sehr stimmig in die heutige Zeit mitsamt ihrer medialen Informationsüberdosierung transformiert. Während der neunzig Minuten vor dem großen, tödlichen Finale waren viele Wechselbäder zwischen Tragik und Komik zu erleben, Sing- und Tanzeinlagen wurden passend platziert, Einspielungen von Applaus oder die Stimme aus dem Off für einen der Darsteller unterstrichen dessen Unnahbarkeit und die gesamte Darbietung gekonnt; für durchweg großes Amüsement sorgte zudem der Bühnenroadie im Blaumann, der als Running Gäg und eine Art Sidekick des Ensembles zwischen den einzelnen Szenen die nötigen Requisiten (um)organisierte – stets sehr charmant und mimisch wie gestisch mit dem Publikum flirtend.
Mein Theaterbesuchstrio zeigte sich denn auch geschlossen sehr angetan von dieser Vorstellung. Einzelne Interpretationen verwarfen wir unmittelbar nach der Aufführung lieber ganz schnell wieder, um diesen wunderbaren Abend mit all seinen vielseitigen Eindrücken für sich selbst stehen und sich in aller Ruhe im Lauf der folgenden Tage setzen zu lassen...
19.09.21