reboot Open Air 9.07.22 Freiburg, Eschholzpark
(hier mit Dr. Bær, Mother’s Cake & Sound of Smoke)
Eigentlich wollte ich diesen Abend im benachbarten Merzhausen verbringen; im dortigen Bürgerforum, wo die Krautrocklegende Kraan hätte spielen sollen. Doch leider kam am Mittag die Absage aufgrund Covid-Infektion eines Bändmitglieds. Dafür von hier aus beste und zügigste Genesung!! Für mich und eine weitere Kulturhungrige bedeutete dies wiederum, stattdessen in den Eschholzpark zu pilgern, wo von Donnerstag bis Sonntag eine noch recht junge Frischluftveranstaltung des hiesigen Musik-Fördervereins multicore geboten war…
Der Samstag stand offenbar im Zeichen rockiger Gitarrenklänge. Wir kamen auf dem eher dürftig ausgelasteten Gelände punktgenau zu Beginn des Auftritts der Freiburger Dr. Bær an, die ihren harten, recht nu-metal-lastigen Stil selbst als ‚Brutal Ethno Prog‘ bezeichnen. Zu fünft waren sie auf der Bühne zugange, Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboards bzw. Synthie und – im Mittelpunkt des Geschehens – der Sänger. Es machte ziemlichen Spaß, die mit häufigen Wendungen und insgesamt recht abwechslungreich intoniertem Gesang versehenen Stücke zu hören und indes die Performänce des gerne mal auf der Bühne liegenden Sängers zu beobachten, während eine Gitarrenattacke nach der anderen durch die Boxen knallte. Auch wenn manch Growleinlage etwas vorhersehbar platziert war, hörten wir eine durchaus empfehlenswerte, in der Tat ziemlich brachial klingende Live-Bänd!!
Zur Prime-Time um viertel vor neun war es Zeit für den Headliner des Samstags: Mother’s Cake, ein Trio aus Innsbruck, die mit manchmal funky angehauchtem, meist aber dem harten Prog-Rock verbundenem Sound die Anwesenden ebenfalls zu begeistern wussten. Für mich war diese Bänd, von der ich schon öfter gelesen hatte, aber nie etwas gehört habe, die Überraschung des Abends. Sehr wuchtig war der Sound, vor allem von Bass und Schlagzeug, während die Gitarre, häufig einen Ton ausklingen lassend, oft im Stil variierte – wie auch der Gesang. Dieser changierte auch im Timbre des Sängers irgendwo zwischen Led Zeppelin’s Robert Plant und Zack de la Rocha von Rage Against the Machine. An letztere dürfte durchaus die Reminiszens mancher der besonders hart groovenden Riffs gehen. Ein sehr starker Auftritt der Österreicher, deren Sänger sich eher wortkarg zeigte, dann aber stets die typisch lakonische Trockenheit des Alpenstaatsangehörigen verströmte. Sehr geil!!
Beim hierauf folgenden Auftritt der Cosmic Mints – sicherlich nicht leicht für die Bänd, nach solch wuchtigen Klängen –, sank meine Aufmerksamkeitsschwelle deutlich und auch dieses Mal konnten ich mit deren Schaffen und Performänce nicht so recht warm werden. Da freute ich mich lieber schon mal auf den letzten Äct des Abends: Sound of Smoke.
Vom Soundcheck zu fortgeschrittener Stunde gingen die ebenfalls in Freiburg beheimateten Musikanten um Sängerin Isabelle Bapté direkt in den etwa vierzigminütigen und vom Publikum offensichtlich gerne goutierten Auftritt über. Es benötigte drei bis vier Songs zum Warmspielen, ehe sich das Quartett tief in die Stoner-Psychedelik grub, mit sehr drückendem Bass und nicht minder schwergewichtigen, dabei staubtrockenen Gitarrenklängen. Zeitweise wurden diesem außerordentlich präsenten Saitensound seitens der Sängerin ein post-wavig intoniertes Keyboard oder auch sanft an mittelalterliche und Alte Musik erinnernde Flötenklänge beigefügt, womit sich die Bänd von vielen anderen im Genre angenehm abhebt. Den weitaus größten Unterschied jedoch macht bei Sound of Smoke der Gesang. Oder genauer gesagt: Die Sängerin.
Fast kontrapunktisch zum Klang der Instrumente mutet sowohl Bapté’s dezent vom Soul geküsste Stimme und vor allem ihr gekonnt filigraner wie gleichsam ausdrucksstarker Gesang an, der sich behende über dem schweren Fundament zu bewegen weiß. Dabei steht die zierliche Erscheinung der Sängerin, die sich während des Auftritts häufig nicht eben wenig talentiert dem Tanz hinzugeben weiß, durchweg im Mittelpunkt der Performänce, ohne sich selbst in diesen zu drängen. Sound of Smoke sind eine echte Bereicherung nicht nur der lokalen Musikszene!!
Den beständigen Rufen nach einer Zugabe konnte leider, aufgrund der Uhrzeit gegen Mitternacht aber auch verständlicherweise, nicht nachgegeben werden. Doch ließ die in ihren Ansprachen ans Publikum oft fast schüchtern wirkende Bapté verlauten – eigens dafür wurde das Mikro noch einmal ganz kurz angestellt –, am folgenden Abend einen Auftritt am Stadttheater zu spielen. Na, wenn das so ist, dachten wir uns, ist ja der Sonntag Abend auch gleich verplant…
15.07.22
Reinhörlinxx: