Neil Young & Crazy Horse               8.08.14 Colmar, Foire aux Vins

 

Kleine Ausflüge können nicht unbedingt einen richtigen Urlaub ersetzen - je nach Art des Ausflugs können diese aber den Verzicht auf eine Reise etwas lindern. So entschied ich mich recht spontan, mich einem großen Verehrer Neil Young's anzuschließen und dessen Gastspiel mit Crazy Horse im nahe gelegenen Elsaß zu besuchen. Zeitig angekommen konnten wir uns noch kulinarisch stärken, bevor wir uns im vorderen Bereich der geschätzt um die achttausend Menschen fassenden Arena am Rande der großen Weinmesse platzierten. Grade hatten wir drei uns zur Schonung des Bewegungsapparats etwas niedergelassen, als zwei Männer die Bühne betraten, einer mit akustischer Gitarre ausgestattet, einer sich am Mikrophon festhaltend. Die beiden bluesten drei Stücke, heimsten dafür angemessenen Applaus ein und gingen dann auch schon wieder, bevor die Gefahr der Langeweile aufkam. Ich könnte mir vorstellen, dass es zwei Roadies waren, die für etwas Zeitvertreib sorgen durften, und viel mehr als das war es denn auch nicht.

Etwa viertel nach neun betraten dann Neil Young & Crazy Horse die Bühne. Die Besetzung war laut Chronisten nicht ganz die originale, was wohl auch diversen gesundheitlichen Gründen der doch recht betagten Musiker geschuldet war und bei einer bereits mehr als vierzig Jahre bestehenden Bänd auch nicht erwartet werden kann. Vor dem Schlagzeuger, hinter welchem auf schwarz-weißem Banner groß das Logo prangte, formierten sich jedenfalls der Gitarrsit nebst dem Bassisten, die zusammen mit Herrn Young denn auch das aktive Bühnentrio ausmachten; etwas hinten neben dem Schlagzeug waren noch zwei Bäckgroundsängerinnen beinahe versteckt anzutreffen. Auch die lebensgroße Figur des Häuptlings, nach welchem die Bänd sich einst benannte fehlte nicht. Außerdem hing hoch oben über den Brettern ein hübsch geschmücktes Keyboard, welches zu zwei Songs auf die Bühne herunter gelassen wurde, ansonsten wie ein lieblicher Damokles über allem schwebte. 

Wortlos begann das Konzert mit "Love and Only Love". Leider war der Sound bei den ersten Stücken noch etwas mäßig, fast ein bisschen Brei, so dass es ein wenig Zeit benötigte, bis der Hörer zu wirklichem Genuss kam. Die Bänd allerdings versprühte von Beginn an Spielfreude. So kam es denn auch mit dem fünften Stück zu einem ersten großen Highlight, einer ausgedehnten Version von "Like a Hurricane". Von hier kam Fahrt auf, kriegte mich der stets etwas säuerlich drein blickende Neil auch immer mehr in den Bann der Darbietung. Nach den wirbelnden Gitarren- und sonstigen Soundeskapaden des Stücks schraubten sie wieder ein wenig zurück. Es folgte das ruhige "Living with War", bevor der Chef himself, mit akustischer Gitarre und Harp bestückt, Dylan's "Blowin' in the Wind" sowie seinen eigenen Siebziger-Hit "Heart of Gold" in wirklich schönen Version spielte. Vor allem ersteres wirkte wie ein schlichtes, aber bestimmtes Statement zu diversen aktuellen Begebenheiten des Weltgeschehens. 

Das nächste ganz große - für mich das größte - Highlight des Abends war dann eine geschätzt weit über 20minütige Version des Klassikers "Down by the River". Hier wurden während der kaum enden wollenden Gitarrenjäms in mir ganz starke Erinnerungen an eine kürzlich zwei Mal live erlebte Bänd aus Norwegen wach - gäbe es hier Bewertungen abzugeben: Bestnote für diese Darbietung, sehr, sehr geil!! Überhaupt war ich den ganzen Abend über ziemlich angetan vom Gitarrenspiel des Meisters, der auch bei grimmig verzerrtem Sound gerne mit bloßem Fingerpicking zugange war, dann wieder das Plektron benutzte und besonders bei den ausgedehnten Jäms öfter mal zwischen den Techniken hin und her wechselte. Bei alldem wurde der Gitarrero mit Angry-Old-Män-Look im Gesicht stets auf's beste unterstützt vom freudig dauergrinsenden Mit-Gitarristen Frank 'Poncho' Sampedro, der nicht nur mimisch zu konterkarieren vermochte, sondern auch immer wieder für die nötigen Nuancen im Gesamtsound sorgte, während sich Bass und Schlagzeug fast durchweg auf's tatsächlich Nötigste reduziert hielten. Der Basser bewegte sich hierbei so gut wie gar nicht, schien zeitweise beinahe cool wie eine Wachsfigur, war aber immer ganz beim Hören und Beobachten der beiden Gitarrenspieler und gab hin und wieder mimische Kommentare in deren Richtung. Sehr unterhaltsam, diese ganz eigene Dynamik des Saiten-Trios immer wieder zu beobachten. Stimmlich taten die beiden Sängerinnen dem Ganzen gut, konnten sie doch öfter als einmal kleine Überschläge der Kehle des eben längst nicht mehr ganz jungen Meisters kaschieren.

Mit einem ebenfalls ausgedehnten "Rockin' in the Free World" endete das reguläre Set nach einer Stunde und fünfundvierzig Minuten - noch immer ohne ein einziges Wort ans Publikum vom zeitweise fast schon Reverend-Attitüden an den Tag legenden Young. Eine Zugabe gab's noch, bevor die Bänd sich ausgiebig und zurecht feiern ließ und nach knapp zwei Stunden verdienten Feierabend machte. Von den klanglichen Anfangsproblemchen abgesehen war das Konzert eine durch und durch stimmige Sache, sowohl was die Musik als auch die Darbietung anging. Sehr schöner Ausflug also ins Elsaß!! 

 

Da ich alles andere als ein Kenner des Werks von Neil Young bin und mir das Abstauben der offiziellen Setliste von der Bühne aussichtslos schien, gibt's nun einfach eine recherchierte und mir sehr realitätsgetreu scheinende Setliste:


Love and Only Love / Be the Rain / Standing in the Light of Love / Days That Used to Be / Like a Hurricane / Living With War / Blowin' in the Wind / Heart of Gold / Powderfinger / Down by the River / Name of Love / Rockin' in the Free World // Who's Gonna Stand Up and Save the Earth

9.08.14

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