Mit dem Altern fängt man, sich für Jäzzmusik zu interessieren
... frei nach Olifr M. Guz / Die Aeronauten, 1997
 
Sehr geehrte Lesegemeinde !!

 

Die Teenagerjahre des einundzwandzigsten Jahrhunderts sind durch und das Konstrukt namens Zeit hält mit solchen Dekadenwechseln ja stets die schöne Chance bereit, auf eine Mikroepoche jüngster Geschichte zurückzublicken. Für die popmusik-affine Breitstromkultur heißt das Umschalten des Kalenders sicherlich auch, dass im Programm von Retroparties alsbald Reminiszenz-Events für die 10er-Jahre auftauchen dürften – die ich allerhöchstwahrscheinlichstens niemals besuchen werde...

Anyway – eine Revue längerer Zeiträume ist häufig auch mit dem Bewusstwerden persönlicher Veränderungen, wie etwa der Weiterentwicklung des eigenen Geschmacks, von Vorlieben und – da isser, der Punkt – sich mitwandelnden Hörgewohnheiten behaftet. Ich würde mal annehmen, dass dies bei den meisten Menschen passiert, die sich ernsthaft für Musik interessieren und daher immer auf der Suche nach Unbekanntem, Neuem, vielleicht ungewohnt Andersartigem sind. Bei meinen Hörgewohnheiten haben sich über die jüngeren Jahre merkliche Tendenzen zum jäzzigen Spiel, zu unterschiedlichen Formen klassischer Musik und – ja – auch hin zu skurrilen Sounds, vielleicht gar obskuren Klängen, gemächlich ausgebreitet. Nachdem ich um den Dekadenwechsel der Nuller nach den Zehnern bevorzugt nach der Musik bereits verblichener Künstler, die die Nachwelt beeinflussten, geforscht hatte, Leadbelly, etwa, der durchaus seine Wirkung auf einen gewissen Herrn Dylan hatte; oder Woody Guthrie, der immens wichtig war für die Entstehung des heute Americana genannten Stils, wurde ich in der neuerlich vergangenen Zehnerdekade vermehrt auf Spielarten wie die sogenannte Minimal Music aufmerksam; auf Künstler wie Steve Reich zum Beispiel, oder Philipp Glass, die beide auch der Neo-Klassik zugerechnet werden. Außerdem – und daran war sicherlich die Kollaboration von Motorpsycho mit Stale Storløkken beteiligt – entwickelte ich einen Hang zu bestimmten Interpretationen des Jäzz respektive Free-Jäzz.

Nun möchte ich also darauf zurückblicken, welche Alben mir in der letzten Dekade in die Kiste fielen, die ich als große Würfe erachte, an welche Konzerte ich mich besonders eindrücklich erinnere und welche Songs mich über normale Maße hinweg verfolgt haben. Natürlich ist alles, was ich hier zu vermelden und zu erzählen habe, strengstens der persönlichen Sub-Objektivität unterlegen, wie es gleichsam der Momentaufnahme des Schreibens und des darüber Sinnierens verbunden ist. Um in aller Objektivität nicht allzu subjektiv zu werden, habe ich allerdings ein paar Herren aus dem hohen Norden großteils aus dem Geschehen rausgehalten und ihnen ein eigenes Kapitel gewidmet – sonst würde wohl doch allzuviel der Kür für deren Werk beansprucht werden... Und jetzt nehme ich Euch gerne mit – wenn Ihr wollt und wenn Ihr könnt – und starte die Reise mit den schwungvollen Worten der unsterblichen Ramones:


Hey, Ho – Let's Go!!

 

Musikalischer Rückblick auf die Dekade 2010 – 2019
 
Kapitel A
Die nachhallenden Platten

 

Meine Fresse – seid Ihr auch so gespannt wie ich auf die hier folgenden TopTens? Ist ja fast nicht zum Aushalten!! Ja, auch unter der Prämisse, dass hier ausschließlich ab 2010 erstmals veröffentlichte Alben eine Rolle spielen dürfen und nicht jene, die schön älter sind, mir aber im nachgerufenen Zeitraum erst unter die Nadel gekommen sind, fiel die Auswahl ganz schön schwer!! So manch tolle Scheibe, ob traditionell schwarz gehalten oder in Farbe gekleidet, kam aus den Presswerken. So wären nicht selten gleich mehrere Alben einer Bänd in Frage gekommen, wie bei jener allerersten Zehnerentdeckung, mit der der chronologische Reigen, der hier bitteschön ausdrücklich nicht als qualitative Aufreihung zu verstehen ist, endlich beginnt:

Im wonnevollen Mai 2010 ließen die JAPANDROIDS ihrem 2009er Debüt 'Post-Nothing' das wunderbar garagenrotzige Album No Singles folgen. Dies wiederum markierte das wahre Debüt, weil hier die beiden ersten, zunächst selbstvertriebenen EP-Releases des Duos aus Vancouver/Kanada vereint sind. Dementsprechend ist hier noch die gänzlich ungebremst-ungeschliffene Power der Bänd bestens zu vernehmen – fast kann man die Proberaumluft durch die Boxen riechen. Dabei folgt dem eröffnenden Oberohrwurm, von welchem später noch die Rede sein wird, ein potenzieller Hit dem anderen. Ein damals wie auch heute noch großartiges Album!!

Aus 2011 kommt der nächste große Wurf: MOGWAI veröffentlichten im Februar mit Hardcore Will Never Die, But You Will mein persönliches Lieblingsalbum dieser Formation aus dem schottischen Glasgow. Das Quartett lotet hier, ganz im Stil wie Sinne von Post-Rock-Miterfindern, so manch musikalische Grenze aus; selten ist eine solche Bandbreite an Sphären auf einem Mogwai-Album dermaßen stimmig vereint wie hier!!

Ausgerechnet das mir nicht grade als besonders musikspezialisiert geläufige Polit-Kapitalismus-Magazin Focus schrieb wiederum dem 2012er Album The Death Defying Unicorn von MOTORPSYCHO & STALE STORLØKKEN den Titel der "wahnwitzigsten Rockoper aller Zeiten" zu. In der Tat vereinen die vier Protagonisten mit diesem wahrlich außergewöhnlichen Doppelalbum Jäzz mit hartem Prog-Rock und gewanden den mythischen Plot des Konzeptalbums in klanglich fantastische Dramaturgien. Unbedingt ist dieses Werk eines der Alben der letzten Dekade – und dabei nicht nur für die Bänd selbst weitere Türen öffnend!!

Aus einem Nebenprojekt eben genannter Norweger, genauer: des Bassisten und des damals noch hauptberuflich bei Motorpsycho aktiven Drummers, entsprang ein weiteres, ganz großes Highlight der letzten zehn Musikjahre: SPIDERGAWD, die 2014 ihr selbstbetiteltes, nachher I benanntes, auschließlich als Vinyl mit beiliegender CD erhältliches Debüt auf den Markt entließen. Ganz große Klasse, dieser recht straighte und kraftvolle Hardrock, anfangs mit Gitarre und Gesang, Saxophon, Schlagzeug und Bass – mittlerweile zum Quintett mit zwei Gitarren gewachsen – der ebenso geerdet und zeitlos wie innovativ klingt. Ein echtes Muss für Rock-Lovers!! Ganz nebenbei wurde meine Webseite in jenen Tagen, nach meiner hiesigen, ziemlich begeisterten, Rezension zu diesem Rock'n'Roll-Rausch von Album, von einem gewissen Lärm-Label-Betreiber in Berlin gefunden. Mit dem pflege ich seither recht regelmäßigen Kontakt, insbesondere hinsichtlich Worten im Tausch gegen akustische Ware. Ein sehr schöner Nebeneffekt zur Platte!! Am Rande sei lediglich noch notiert, dass das derzeit aktuelle, zwischenzeitlich fünfte Werk von Spidergawd soeben im Jahresrückblick des Deutschlandfunk zum Rock-Album des Jahres 2019 gekürt wurde – überhaupt war da so manches nah dran an meinem eigenen Rückblick (...ein Schelm, wer behaupten mag, da habe sich vielleicht jemand an meinem kompetenten Geschwofe bedient – ts ts ts...)

Gleich derer drei der besten zehn Dekandenalben entstammen dem Jahre 2017:
Zunächst kamen ARBOURETUM, eine Bänd, die ich zu Beginn der Zehner entdeckte und die mich seither nicht mehr losgelassen hat, mit ihrem sechsten Studioalbum, dem großartigen Longplayer Song of the Rose um die Ecke. Die süßeste Melange aus Folk und psychedelisch schön aufgeladenen Stoner-Rock, seit es mäandernd-erzählende Gitarren gibt!! Eine reine Klangpracht!!

Im Spätsommer des achten Dekadenjahres setzten THE BLACK ANGELS einen sicherlich für lange Zeit weithin sichtbaren Meilenstein in meinen Kosmos – mit dem lakonischen Titel Death Song. Jahre zuvor stieß ich durch einen Hinweis meines lokalen Plattendealers auf die psychedelischen Ohrwurmrock-Amerikaner, die mir nun ein ganz großes Werk bescherten. Death Song ist ein Album, das klanglich so nah an der Perfektion dran ist, wie die Platte einer Rockbänd es nur sein kann. Und mit jeder Menge Ausnahmeohrwurmsongs drauf...

Im kurz darauf folgenden Herbst dann machte die MARK LANEGAN BAND mit dem glänzenden Gargoyle das Triple der '17er-Hochkaräter voll. Deutlich weg von den Roots, nachdem der Blues fünf Jahre zuvor begraben worden war, ohne jedoch ebenjene Roots in Gänze abzulegen – ganz im Gegenteil!! Zwar mag dies zunächst paradox anmuten, nicht aber dann, wenn man die tiefe, auch in hellen Momenten düster klingende Stimme aus tiefer Kehle seine Geschichten erzählsingen hört. Sein bestes Album seit dem '04er Werk 'Bubblegum', würde ich mal meinen...

2018 erschien The Hands, ein Album des schwedischen Free-Jäzz-Trios FIRE!, die aus meiner Welt seit etwa Mitte der letzten Dekade nicht mehr wegzudenken sind – sei es zu dritt oder in der Erweiterung zum Orchester. Unglaublich, wie von grade mal drei Leuten gespielte, teils recht verschwurbelte Jäzzsongs, mit ganz ohne Gitarre kicken können!! Hätte ich früher nicht für möglich gehalten, heute bei mir eines der herausragenden Alben der Dekade!!

Je jünger die zur Kür stehenden Alben sind, desto schwieriger wirds. Nixdestotrotz – im März 2019 kamen BLACK LUNG mit ihrem Drittwerk Ancients. Und da war keine Vorankündigung mit noch so vielen Vorschusslorbeeren zu vollmundig – jede noch so hohe Erwartung konnten die US-Amerikaner damit nicht nur erfüllen, sondern mit ihrem unglaublich schwergewichtigen, fast endlos geilen Sound und Songs voller Ohrwurmmelodien lässig aus den Handgelenken heraus toppen. Das dürfte bislang das Opus Magnum dieser Bänd sein; samt all seiner Düsternis blanker Wahn, dieses Album und in dieser Kür absolut unerlässlich!!

Eine beinahe schon logische Fortsetzung des zuvor erwähnten Fire!- Albums stellte das im Mai '19 veröffentlichte, von mir erst im September bemerkte Arrival dar: Als FIRE! ORCHESTRA, mit vierzehn Musikerinnen und Musikern eingespielt, findet sich mein Highlight von Fire!'s 'The Hands' auf diesem ein Jahr später in die Welt entlassenen Werk in veränderter Version und unter anderem Titel wieder. Dieses Doppelalbum, welches ich in ganzer Länge live zu hören in der glücklichen Lage war, gehört vermutlich nicht nur zum besten der letzten zehn Jahre, das könnte durchaus – time will tell – zu einem Alltime-Fave werden. Grandios!!

Allright, das waren sie nun also, die kleinen Hymnen auf Pändys Alben der Dekade 2010-19. Und da ich alle bis hierhin genannten Formationen im befabelten Zeitraum nicht nur auf Vinyl goutieren, sondern auch live erleben durfte, gibts ganz bestimmt gleich ein erfreuliches Wiederlesen mit der einen oder anderen soeben belobigten Bänd!!

 


Kapitel B
Die beeindruckendsten Konzerte

 

Obwohl es im Laufe meiner Biografie in der Häufigkeit doch etwas nachlässt, so einige Konzerte habe ich die letzten 10 Jahre schon besucht, die nachhaltig Eindruck hinterließen; manch recht steil aus den Erinnerungslinien herausragendes gar. Dabei spielen manchmal nicht alleine die Auftritte der Bänds an sich eine Rolle, wie gerade beim Sich-Erinnern zu bemerken ist, sondern eben auch schlichte Umstände wie begleitende Personen, Anreise, Lokalität, Atmosphäre, etc. pp. So kann es etwa vorkommen, dass man ein Konzert zwar eigentlich ziemlich gut fand, es aber nicht wirklich Spaß gemacht hat, weil gefühlt sämtliche Händyfuchtler unter den Besuchenden vor einem oder die penetrantesten Laberbacken hinter einem standen. Gleichsam kann es vorkommen, dass ein Gig irritiert, verstört oder sonst aus dem Erwartungsraster fällt und erst im Nachhinein seine wirkliche Qualität entfaltet – dann jedoch noch lange nachwirkt –, that's nunmal life, Folks!! Nixdestotrotz fiel mir schwer, manch richtig gutes Konzert hier gerade eben NICHT aufführen zu können, weil eben ein anderes NOCH eindrucksvoller war...
Anyway – hier ist sie, die ebenfalls streng chonologisch gehaltene Auswahl an Zehner-Live-Ereignissen, die mich nach wie vor beim Drandenken noch immer in Entzückung versetzen:

Äußerst gerne erinnere ich mich an den März 2010, als Justin Sullivan und seine geradezu unverwüstlichen NEW MODEL ARMY nach einem ohnehin schon Klasse-Auftritt im Jazzhaus Freiburg die Bühne noch einmal für Zugaben betraten. Und – obschon der Saal bereits halb leer und das Licht an war, weil hiernach noch eine frag-mich-nicht-was-Party stattfinden sollte und die willigen Party-People draußen schon ungeduldig warteten – geschah tatsächlich das schier Unglaubliche: Die Bänd durfte für zwei oder drei weitere Songs auf die Bretter zurück!! Das hab ich weder davor noch danach in dieser zeitlich manchmal nur allzu gut getakteten Lokalität noch einmal erlebt!!

Im Oktober des nächsten Jahres besuchte ich – fast spontan, in jedem Fall aber sehr kurzentschlossen – erstmals ein Konzert im Club Manufaktur in Schorndorf. Sofort liebte ich den schmucken kleinen Laden, noch vor Beginn des Konzerts. Ein echter Wohlfühlclub – urbaner als manch städtische Lokalität. Und auf der Bühne gab es an besagtem Abend zudem eine Freakshow, wie sie selten zu erleben ist: Die MELVINS waren da!! Auf dieser Tour mit zwei Drummern im Frontbereich der Bühne, Buzzo mit durchsichtiger Gitarre und, wenn ich es richtig erinnere, ohne auch nur ein einziges Wort ans Publikum zu richten; ein Song ging nahezu nahtlos in den nächsten über – volle Freakpower über anderthalb Stunden!! Einfach herausragend geil!!

Mark Lanegan – oder, korrekt bezeichnet, dessen MARK LANEGAN BAND, sah ich erstmals im Dezember 2012 live; damals im Karlstorbahnhof zu Heidelberg. Lanegan war derzeit am Begraben des Blues – und ich fasziniert von der Minimal-Performance des Typen mit der Hammerstimme. Schwer zu sagen, ob mir dieser Auftritt oder das Konzert im November 2019 in der Manufaktur Schorndorf besser gefallen hat – sie waren beide ziemlich beeindruckend!! Jedoch: Im Zweifel sei das Erst-Erlebnis gekürt!!

Ein höchst wahrscheinlich einmaliges Erlebnis dürfte mein Besuch des Madison Square Garden in Manhattan gewesen sein. Als ich im März 2013 zum Zwecke einer Studienreise in den USA weilte, hängte ich noch ein paar Tage dran, um abschließend New York zu besichtigen. Und dort waren zur selben Zeit zufällig auch SIGUR RÓS zu Gast und bespielten diese berühmteste aller Mehrzweckhallen. Nach nur kurzem Überlegen und mit ohne lange zu fackeln, ergriff ich die Chance anhand eines draußen zu fairem Preis verkauften Tickets, womit ich den Zutritt erhielt, die Show der Isländer aus gebotener Distanz zum Geschehen, dafür mit umso mehr Rundumblick und einigermaßen bequem sitzend genießen durfte. Weder diese Bänd, noch diese Stadt und auch nicht die Lokalität ist etwas, was alltäglich zu nennen wäre. Grade auch deshalb in bester Erinnerung – ebenso wie der Besuch der selben Bänd vier Jahre später im Auditorio, einer nur marginal kleineren, aber deutlich schöneren Lokalität in Mexiko City...

Das Konzert, auf welchem ich während der gesamten Spielzeit der Bänd wahrscheinlich jemals die wenigsten Worte mit meinen Mitstreitern gewechselt habe – nämlich gar keine!! –, war ziemlich sicher das von MOTORPSYCHO im hübschen Lido in Berlin-Kreuzberg. Ich erinnere mich, nebst eines großartigen Auftritts der Bänd, zudem noch bestens daran, dass wir, gegen Ende dieses April 2013, diesen auch nachts noch lauen Sonntagabend nach dem Konzert bei prächtigem Vollmond auf dem Boxhagener Platz mittels Berliner Pilsner aus dem Spätkauf ausklingen ließen; im Ohr lag noch der Nachhall der grandiosen Performance der Norweger und die unvergessliche, in der Tat außergewöhnliche Stille im Publikum, dessen echter Aufmerksamkeit der Musik gegenüber, insbesondere bei ruhigen Passagen. Wahnsinn!!

Lauter hingegen war der kleine Kurztrip ins Bett – ja, so der Name einer kleinen Konzertlokalität in Frankfurt – im Herbst 2014. SPIDERGAWD aus Trondheim/Norwegen waren soeben mit ihrem selbstbetitelten ersten Album auf der musikalischen Bildfläche erschienen. Mit zu jenem Zeitpunkt Noch-Motorpsycho-Drummer Kenneth Kapstad an den Drums und der Kopf selbiger Bänd, Bent Saether, an den vier dicken Saiten. In der dreiviertel Stunde, die sie als Vorbänd einer instrumentalen Stonerbänd hatten, spielten sie ihr Debüt mit Wumms und Jägermeister. Der Mann an der Gaderobe zeigte sich ziemlich verdutzt, als wir noch vor Beginn des Auftritts der Hauptbänd jenes Abends die Lokalität bereits verließen. Er dachte zunächst, uns wäre nach Rauchen, doch traten wir lieber zeitig und ohnehin musikalisch bereits hochzufrieden as hochzufrieden can be, den Heimweg an. Manchmal ist eben der Support-Äct der Top-Äct. Vor allem, wenn die einen Song wie "Empty Rooms" dabei haben – auf der Setliste übrigens mit Empty Rühms notiert..

Eine andere Bänd höre ich nun schon seit gut zwanzig überaus gerne, doch dauerte es fünfzehn Jahre, bis mir im April 2015 endlich das Goutieren eines ihrer raren Auftritte vergönnt war: GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR besuchten das Salzhaus, loziert im schweizerischen Winterthur. Ein akustisches Spektakel!! Ohne ein einziges live gesprochenes Wort, nicht mal ein Gesangsmikro stand auf der Bühne. Dafür gab es viel Videoperformance zur angemessenen Untermalung der Klangwelten im Hintergrund der Bühne – und der Raum war stets erfüllt mit tollen Soundgemälden. Extraordinary!!

Fast ebenso unnahbar, allerdings viel eher aufgrund seiner potenziellen Verhuschtheit, wirkte auf der Bühne Dave Heuman beim Auftritt von ARBOURETUM im Juni 2017 in der Manufaktur in Schorndorf. Immer dann, wenn der langhaarige, bärtige Herr im Holzfällershirt ein paar Schritte vom Mikro zurück und damit einhergehend zur Seite trat, folgte umgehend eine der ausufernden Erzählungen seiner Gitarre. Dies war ein solches Konzert, das ich während der Performance eher unspektakulär wahrnahm, das dann aber insbesondere im Nachgang viele eindrückliche (Klang)Bilder hinterließ. Und endlich hatte ich nun auch ein Live-Bild der Bänd, die ich schließlich ein paar Jahre Jahre zuvor bereits im Freiburger Swamp sowie Slow Club verpassen musste...

Mich zunächst eher irritierend, und das aufgrund der auf andere Art als zuvor beschriebenen, sehr unnahbaren Performance einer Bänd, war im September 2017 das Konzert von THE BLACK ANGELS in Köln: Ein Intro vom Band, "Currency", den Hit, hatten sie mit noch mäßigen Sound zuerst auf der Setliste, und dann ohne viele Worte die Songs gespielt wie auf den Alben – mit viel Lightshow und Videos im Bühnenhintergrund. Dann aber blieb im Nachgang ein langer Nachhall mit viel Sog im Gedächtnis, so dass ich gerne verkünde, dass der Auftritt des Quintetts aufgrund der hohen Nachfrage aus dem kleineren, innerstädtisch gelegenen Luxor in die fassungsvermögendere Kantine verlegt worden war (als Nebenwirkung für uns mit infrastrukturell gar besserem Anschluss zur Autobahn...).

Schließlich ereignete sich das vielleicht außergewöhnlichste von mir besuchte Konzertereignis der gesamten Dekade vor wenigen Monaten im vorhin vergangenen Jahr 2019: Das dreizehnköpfige FIRE! ORCHESTRA weilte zu einer Live-Präsentation ihres aktuellen Opus 'Arrival' im Theater Villingen!! Allerhöchste Kunst auf hohem Niveau war da im Rahmen der Schwarzwälder Jäzztage zu hören, ein glasklarer, keine Wünsche offen lassender Sound!! Welch ein Gourmet-Erlebnis!! Wie gut, wenn gewohnte Pfade auch mal verlassen werden!!

Na, das klingt ja fast schon, wie der Leckerbissen zum Abschluss, was??!! Und an Live-Erlebnissen war dies denn die Kür der wie Felsen über der Brandung des Meeres der Erinnerung hervorragenden Konzertereignisse aus Pändys little Universe in den Zehnern des Einundzwanzigsten. Schreiten wir nun also weiter, hin, zu den herausragenden Songs der Dekade...

8.03.20

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