MOTORPSYCHO ?   Yay! (VÖ 16.06.23 / Stickman Records)

 

Bereits beim ersten Durchgang wird klar: Das ist sie, die Sommerplatte des Jahres!! Sehr leichtfüßig, weitestgehend akustisch gehalten, auf Basis klassischer Singer-Songwriter-Komposition stehend und verfeinert mit Violine und Flöten, werden direkt Erinnerungen an Werke wie 'Let Them Eat Cake' (2000), 'Phanerothyme' (2001) oder 'It's A Love Cult' (2002) - die ersten Alben von Motorpsycho mit Charteinstieg in Deutschland für je eine Woche - wach. Die Suche nach dem perfekten Pop-Song ist offenhörbar wieder da...

Vor allem beim Opener "Cold & Bored", mit zuckersüßer Melodie zu hübsch melancholischem Gesang, und am deutlichsten bei "Real Again (Norway Shrugs And Stays At Home)" wird dieses Fundament bestens hörbar. Vor allem "Patterns", das dritte Stück, sticht beim ersten Durchlauf als echter Folk-Pop-Ohrwurm heraus. "Patterns" ist einer der Songs des Albums, die sehr nah an konventionellem Hitcharakter sind, schnell ins Ohr gehen, um dann im weiteren Verlauf noch eine ordentliche Brise Psych-Folk zu verwehen. Sehr geil!!

So kristallisieren sich alsbald Stil und Charakter des während der Pandemie entstandenen Albums heraus: Viel Psych-Folk dringt durch die zehn Songs zwischen knapp zwei und fast acht Minuten, verpackt in wunderschöne, zuckerwattig-süß-weiche Melodien; gespickt mit tanzbaren Stücken - wie "Dank State", mit seinem percussiv-groovigen Rhythmus, das vereinzelt auf Konzerten schon live vorgestellt worden war -, oder das ungewöhnlich fröhlich klingende, sehr ohrwurmige "W.C.A." - What Comes After - mit der Frage nach dem Leben nach der Plage; geschickt platziert zum Schluss der A-Seite des wahlweise klassisch schwarzen oder limitiert schick roten Vinyls.

Mit "Hotel Daedalus" ist dann doch ein Song etwas länger geraten, mit Bombastsound zu Beginn und härterem Riff an Bord, mit viel brillierendem Gitarrennarrativ, aber immer noch weit weg von jeglichem Exzess. Diesem längsten folgt das kürzeste Stück auf Yay!, "Scaredcrow", eine Instrumentalminiatur, die wie eine Art Interlude vor dem Finale, "The Rapture", steht, das punktuell von "Summertime is Here" von der 1993er 'Another Ugly EP' inspiriert klingt, ebenso vor zehn Jahren auf 'Still Life With Eggplant' gepasst hätte und einen sehr zuversichtlichen Abschluss des Albums markiert: soon it'll be over, soon we'll be free again. Ein fast schon klassischer Motorpsycho-Akustik-Folk-Pop-Song und ein großes Highlight des Albums.

Gegen die vorigen Werke ist Yay! sicherlich als unterkomplex zu bezeichnen, aber solche Vergleiche verbieten sich bei den Trondheimern ohnehin genauso, wie klassische Äpfel-Birnen-Geschichten. Mit Yay! bestätigen und unterstreichen Motorpsycho ihre Vielfältigkeit auf höchstem musikalischen und kompositorischen Niveau. Ein tolles Album, das sich von den jüngeren, teils exzessiv ausufernden Alben, deutlich abhebt und stattdessen mit herrlich leichtfüßigen Ohrwürmern zuckersüßen Charme versprüht!! Einmal mehr: Großartig!!

16.06.23

Und hierhin für eigene Höreindrücke

Epilog

Ein mir unbekannter Mensch, mit dem ich im Plattenladen ins Gespräch kam, machte eine Aussage über Bänds in der Rockmusik, die ich sehr gerne zitiere:
"Ganz oben", so der Kenner wörtlich, während er mit der hoch gereckten rechten Hand in der Luft eine imaginäre Linie markiert, "stehen Motorpsycho. Und dann kommt ganz lange erstmal nichts".
Wir sind dann direkt zusammengezogen, teilen nun Bett, Frau, Hund, Auto und - nein, nicht die Plattensammlung!! Doch wenn wir nicht gestorben sind oder noch sterben werden... - na jedenfalls: Der Mann hat schlicht und ergreifend vollkommen Recht!! Die neueste Veröffentlichung der Norweger zeigt das ja grade wieder ganz ausgezeichnet...

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