Motorpsycho The Crucible (VÖ: 15.02.2019 / Stickman Records)

 

Welch schönes Weihnachtsgeschenk: Als ich am 24. Dezember von einer Besorgung wieder nach Hause komme, steckt ein Umschlag in meinem Briefkasten, über der Adresse steht c/o Pandys-Corner, Absender ist Noisolution in Berlin. Aha, denke ich erfreut, Post vom Noisomann. Da könnte das neue Album von Spidergawd drin sein, denke ich weiter, auf dessen Erscheinen im Januar ich mich bereits freue. Oder eben irgend etwas anderes, das mich interessieren könnte. Motorpsycho habe ich zwar auch im Hinterkopf, halte es aber für zu früh dafür, dass die Promos des für Mitte Februar angekündigten The Crucible schon unterwegs sind. Ich komme also rein in die Wohnung, schmeiß meinen Kram hin und öffne den Umschlag. Und da ist es: The Crucible - das neue Album von Motorpsycho. Welch schöne Überraschung am Vormittag des Heiligen Abends!! Selbstverständlich lasse ich Euch gerne daran teilhaben und erzähls nun Stück für Stück:

1. Psychotzar
Allein der Titel des Openers bereitet Entzückung. Das Zarenstück schickt ein Gitarrenintro voran, dem ein Paukenschlag folgt, ehe die gesamte Bänd loslegt. Ein echt starker Auftakt, fette Rockriffs machen sich sogleich breit, mit schwerer, harter Gitarre, die noch erdiger und gewichtiger - auch etwas wärmer - als auf The Tower klingt. Der erste Ausflug von Snah lässt nicht lange auf sich warten: Mit einem schön zappeligen, zeitweise wirren Gitarrenolo sind die wesentlichen Ingredienzen einer neuerlichen Reise durchs Psychoverse abgesteckt - mit deutlich hörbarem Bezug zum letzten Album. Dieser Bezug ist bereits bei der Covergestaltung zu erkennen (das erneut recht apokalyptisch anmutet und von dem ich mir nicht zutraue, es vernünftig beschreiben zu können...).
2. Lux Aeterna
Das zweite der drei Stücke beginnt ruhig und verhalten, balladesker Beginn mit akustischer Gitarre und sanftem Gesang in der Strophe streichelt die Gehörgänge, der Refrain ist in Gewänder hymnisch-orchestraler Klänge gekleidet. Die durchaus friedliche Stimmung des Songs erhält jedoch jäh eine plötzliche Wendung in Richtung ... äh ... Jazzpunk?? Die Bänd tritt jedenfalls das Gaspedal eine zeitlang gut durch, um sich kurz danach wieder in den Gewässern des Unicorn-Prog-Oper-Style wiederzufinden. Nur deutlich verrockter, manchmal gar hart an der Grenze zur Kakophonie. Schließlich kommt der Song wieder bei seinem Ausgangspunkt an, einer letzten Strophe, auf welche ein abschließender Refrain folgt (und während ich diese Sätze in fast schon in ehrfürchtiger Ergriffenheit vom bislang Gehörten tippe, gönne ich dem Abspielgerät einen Druck auf die Pausentaste und nehme innerlich das Umdrehen einer LP vor). Es folgt das dritte und letzte Stück, der Titelträck:
3. The Crucible
Mit kaum hörbaren Geräuschen, die nach einer elektrifizierten Version von Wind klingen, lässt sich der Einstieg Zeit, ehe das Stück beginnt. Bald entwickelt dieser Zwanzigminüter eine eigenwillige Dynamik. Gitarrenerzählungen nahezu jeglicher Couleur und Soundatmosphäre wechseln mit Gesangsparts, dabei werden Rhythmen aufgebaut, die dem Groove eines The Wheel, eines Grindstone, eines Big Black Dog erwachsen scheinen und mit der Zeit eine mühlsteinartige Dringlichkeit verströmen, während sich auf diesen Rhythmusböden wiederum infernalische Lärmkaskaden tummeln; zudem werden erneute Ausflüge in den unicornschen Prog-Rockopern-Jazz unternommen und die Riffs verschmelzen diese Klänge mit den Sounds von Heavy Metal Fruit trifft The Tower. Unterbrochen wird das Stück im letzten Viertel hin und wieder mit ruhigen Passagen, als müsse es innehalten, sich sammeln, sich neu aufbauen, ehe es nach zwanzig Minuten fast schon abrupt endet. Das Stück hat, wie das gesamte Album, einen gewissen Hörspielcharakter. Wo nehmen diese Musiker nur ihre Kreativität, ihre Ideen, immer her? Heller Wahnsinn!!

Nach dem ersten Hören hatte ich nicht das Bedürfnis, das Album gleich nochmal zu hören, sondern kostete die Nachwirkung, den Nachhall im inneren Ohr, ausgedehnt und genüsslich aus... Und: Sehr geehrte Damen und Herren, mich dünkt, als läge hier bereits DAS Album des Jahres 2019 vor!!

(....ähm ..., hat irgend jemand ernsthaft was anderes geglaubt...??)

25.12.19
 

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