MOTORPSYCHO 6.05.16 CH-Fribourg, Fri-Son
Selten stand ich so bequem und nahezu unbedrängt bei einem Konzert in den ersten Reihen wie beim neulichen Ausflug in die Schweiz. Das Fri-Son, das eine Gesamtkapazität für über tausend Personen hat, ist ein klein wenig verwinkelt gebaut, im Konzertraum finden geschätzte acht-bis neunhundert Menschen Platz. So viele waren nun offenbar doch nicht anwesend und an der Abendkasse gab es auch noch Karten, als die Vorbänd Puts Marie bereits am Spielen war. Wie bei Konzerten von Motorpsycho so üblich, hatte ich selbst allerdings keine Kapazitäten für andere Bänds und stand lieber in special charming Begleitung noch ein wenig draußen an der lauen Luft, bevor es hinein in den Raum und schwyzer-pünktlich um viertel vor zehn ins fast drei Stunden (!!!) andauernde Soundgewitter der Norweger ging...
Nachdem bei meinem Besuch vor zwei Wochen in Berlin der Sound relativ lange relativ dürftig war, hoffte ich natürlich inständig, dass dies eine bedauernswerte Ausnahme darstellen sollte - und wurde nicht enttäuscht!! Zwar war auch hier zunächst die eine oder andere Übersteuerung wahrzunehmen, jedoch zu keiner Zeit so heftig, dass es allzu störend gewesen wäre. Und auch die Setliste barg Überraschung: Als Opener kam direkt "Big Black Dog", dem nahtlos ein altbekannter Hund folgte: "Un Chien d'Espace". Was für ein Einstieg!! War die Bänd beim ersten Stück noch recht nah an der Album-Version, war das zweite bereits ein voll in die Tiefen des motorpsychedelischen Jäm-Universums gehendes Über-Monster, welches hier in Worten nicht zu beschreiben ist!! Bent Sæther behielt auch beim hierauf folgenden "Blueberry Daydream", welches er mit einem Ausflug in die Bändgeschichte zurück zum ersten Demotape ankündigte, die Gitarre um. Der Sound wurde besser und besser, die einzelnen Musiker schienen mehr und mehr zu einer Einheit verdichtet und es folgte ein wahres Feuerwerk von Konzert mit so manchem Gänsehautmoment. "Lacuna/Sunrise" etwa, dem sich eine fulminante Version des 'Little Lucid Moments'-Song "The Alchemist" anschloss; oder die musikalisch großartig zelebrierten "Running With Scissors" (sensationell!!) und "Spin Spin Spin" vom aktuellen Album sowie gegen Ende des regulären Sets "Through The Veil" von 'Death Defying Unicorn'... heller Wahnsinn!! Grade letzteres konnte in der auf Trio umgebauten Version schlicht umhauen - nicht zuletzt aufgrund der Gitarrensounds wie des Spiels des Gitarristen - und bestätigte einmal mehr den auf Plattencovern wiederholt vorhandenen Hinweis: Only Snah is God!!
Nebenbei erwähnt war Snah überwiegend an verschiedenen halb-akustischen Gitarren zugange, bezirzte bei "Lacuna/Sunrise" die zweihalsige und nahm während (mindestens) der drei letzten Stücke des regulären Sets eine mitunter sehr böse klingende Les Paul unter seine Fittiche. Diesem großen Künstler stehen natürlich weder Bassist noch Schlagzeuger im Umgang mit ihrem Werkzeug nach, so dass ich es immer wieder kaum glauben kann, was jeder von den Dreien aus seinem Instrument herausholt. Dabei wirkte Kenneth Kapstad - welcher wie jeder der Drei von Zeit zu Zeit Mellotron-Klänge übernahm - an seinen Drums unglaublich entspannt zwischen wie während seiner fast diabolischen Wirbel in manchen Passagen; Bent, dessen unglaublich geiles Bass-Spiel ebensosehr wie vergeblich seinesgleichen sucht wie die Künste des Gitarristen oder des Drummers, spielte des Öfteren straight seinen Rhythmus auf dem Bass mit der linken Hand weiter, während er mit der rechten das Mellotron bediente. Er war es auch, der immer wieder Stücke ansagte, dabei zumeist auch erwähnte, welchem Album sie entspringen oder auch mal kurz mit dem Publikum per kleinem Wortwechsel in Kontakt trat und ließ sich auch durch kleine technische Probleme bei einem Bass-Wechsel, als kurz ein Roadie bemüht werden musste, nicht aus dem Konzept bringen; er nahms augenscheinlich mit gelassenem Humor. So gesellte sich zu immenser Spielfreude auf der Bühne grenzenloser Genuss vor der Bühne. Zur zwischenzeitlichen Erholung von den Jäm-Orgien, die wohl Bänd wie Publikum gleichsam gelegentlich nötig hatten, kamen ruhigere Stücke und Passagen hinzu - "Upstairs-Downstairs" etwa -, bevor mit dem nicht auf der Setliste stehenden "Feedtime" nach mehr als zwei Stunden und zwanzig Minuten das reguläre Set mit einem orgiastischen Kracher spektakulär beschlossen wurde. Hammer - Hammer - Ober-Hammer!!
Es folgte mit "Here Be Monsters" eine dreißigminütige Zugabe, in welcher zum Grandissimo Finale des ohnehin schon grandiosen Abends noch einmal eine ganz eigene Atmosphäre geschaffen wurde, Hans Magnus Ryan mehrfach von der Gitarre ans Mellotron und zurück wechselte und - tja -, wofür mir zur Beschreibung einfach mal wieder die Worte fehlen.... Was für ein unglaublich geiles Konzert einer unglaublich geilen Bänd!!
So konnte ich überglücklich und restlos begeistert und ungefähr genauso platt mit meinem nach meiner Einschätzung ebenfalls recht angetanen Reisequartett die Heimfahrt durch die nächtliche Schweiz auf einem äußerst bequemen Autorücksitz antreten und würde lieber heute als morgen einen solchen Ausflug wiederholen...
...und hier noch die Abschrift der Original-(Jippieee!! Ich hab sie!!)-Setliste*:
Big Black Dog / Un Chien d'Espace / Blueberry Daydream / Sleepwalking / Lacuna/Sunrise / The Alchemyst / Running With Scissors / I.M.S. / Spin Spin Spin / Upstairs-Downstairs / Cloudwalker / Superstooge / Junior / Through The Veil / Feedtime** // Here Be Monsters
*ich hab die Songs allerdings korrekt ausgeschrieben
**nicht auf der Setliste vermerkt
10.05.16