MOTORPSYCHO ?   27.10.23 Aschaffenburg, Colos-Saal

 

Wie so häufig nach formidablen Konzerten geht mir die Tage danach immer wieder eine Melodie nach der anderen durch den Kopf, als wären diese von der Bänd ganz gezielt und mit nachhallender Wucht mitten ins Innenohr geprägt worden. So auch dieser Tage, nachdem ich am Freitag ins nordwestliche Bayern gereist war, um im etwa vierhundert Menschen fassenden und genauso gut gefüllten Colos-Saal im unterfränkischen Aschaffenburg MOTORPSYCHO erstmals seit 2016 in Trio-Besetzung live zu bestaunen…

Pünktlich um halb acht betraten Bent, Snah und Drummer Ingvald die Bühne, setzten sich und nahmen zunächst die akustischen Gitarren zur Hand. Bent begrüßte die Anwesenden und das Set startete folkig-groovy mit „Dank State“ vom aktuellen Album ‚Yay!‘, percussiv sehr schön eingetaktet vom Drummer. Diesem ausgesprochen hübschen Auftakt folgte sogleich eine wunderschöne Version von „Lady May“ – mit ebenso ausgedehntem wie glänzend gezupftem Akustik-Impro-Teil Snah’s. Nach zwei weiteren Stücken im Akustik-Set, das mit dem zuckersüßen „Patterns“ endete, wechselten die beiden Saitenkünstler nach gut zwanzig Minuten die Instrumente, Snah griff zur roten Gibson und Bent zum zweihalsigen Bass - den er danach nur noch selten gegen den konventionellen eintauschte. Optimale Voraussetzung also für das nun folgende „The Tower“, bei dem gleich sehr deutlich abgesteckt wurde, woraus die Reise von nun an bestehen sollte:

Aus vornehmlich hartem, druckvollem Sound, sehr laut und sehr jäm-freudig dargeboten, gespickt mit ruhigen, sehr intensiven Passagen und wohldosiert ins Set geflochtenen Hymnen. Der Gitarrist präsentierte sich von Beginn an in Höchstform, zog von Heavy Riffing und Solieren über späcige Psych-Sounds bis hin zum experimentellen free-jäzzing sämtliche Register!! Ein spektakulärer Auftakt ins Haupt-Set mit gleich mehrfacher Ganzkörpergänsehaut meinerseits!!

Der Wahnsinn aus Sound und Dynamik ging direkt weiter mit „The Transmutation of Cosmoctopus Lurker“ vom 21er Album ‚Kingdom of Oblivion‘ und „Mona Lisa/Azrael“, die dem Auftakt in nix nachstanden. Snah war dabei, insbesondere beim letztgenannten Stück vom 22er Werk ‚Ancient Astronauts‘, immer wieder mit großer Hingabe im Wechsel zwischen Gitarre und Synthies wie Keyboards beschäftigt, indes er sich beim Gitarrenspiel gerne zwischen brachialen Sounds und filigranen Solo-Ausflügen bewegte. Geleitet und geerdet waren die Musiker stets von Bent am Bass, dessen geduldig wie freudig dirigierende Blicke von den beiden anderen stets erwidert wurden und beim Beobachten des Interagierens der drei einmal mehr die unbändige Spielfreude gewahr wurde, die die Auftritte der Trondheimer stets so einzigartig macht.

Der Sound gestaltete sich in der Abmischung hingegen wechselhaft und war leider – hier ein kleines Manko des Abends – häufig etwas übersteuert; insbesondere betraf dies die Bässe. Zeitweise waren die Klänge aber auch richtig gut und klar differenziert hörbar und ein echter Genuss, insbesondere bei den ruhigeren Passagen des Abends, die dem Publikum immer wieder als kleine Atempause gegönnt wurden und den gesamten Auftritt sehr abwechslungsreich machten. Hier denke ich etwa an das als verspielt-schmucker Psych-Jäzz aufgeführte ‚Sentinels‘ vom akutellen Werk oder das wunderschöne „Entropy“ vom 2014er Album ‚Behind The Sun‘.

Leider war offenbar – nun das zweite Manko im Colos-Saal – die Aufmerksamkeitsspanne vieler der Anwesenden nicht sonderlich hoch, so dass über weite Strecken des Konzerts, gerade in ruhigen, intensiven Phasen der Musik, ein recht hoher Gesprächs-Pegel zu vernehmen war, was nicht selten massiv am Einlassen auf die Töne von der Bühne gehindert hat. Schade, das. Nixdestotrotz - zumindest musikalisch ließ der Abend keine Wünsche offen. Im Gegenteil:

Ein weiteres ganz großes Highlight, das den Ausnahmestatus dieser Bänd erneut unterstrich, war das mittels Teilen des Can-Stücks ‚Halleluwah‘ lange, zurückhaltend, ruhig und atmosphärisch mit Drums, Bass und Synthiesounds eingeleitete „Hogwash“ – dieser Song vom uralten ‚Lobotomizer‘ ist einfach immer ein Highlight!! Ebenso das folgende, sehr hymnisch und versöhnlich klingende „Lacuna/Sunrise“ vom 2016er ‚Here Be Monsters‘, das sich ganz besonders im Ohr festzuschmiegen pflegt…

Geschlagene zwei Stunden und zwanzig Minuten nahm das gesamte Set in Anspruch, das ohne nennenswerte Unterbrechungen durchgespielt wurde – ausgenommen die eine oder andere Ansage Bent’s, der an diesem Abend immer mal wieder ein wenig mit Husten zu kämpfen hatte. Dies hat seinem Gesang tatsächlich in keinster Weise geschadet, vom einen oder anderen Huster während eines Songs mal abgesehen, war er stimmlich wie gesanglich auf ziemlicher Höhe!!

Nach einer kurzen Bändvorstellung und viel begeistertem Applaus verließen die drei kurz die Bühne, um nur wenig später mit einem fulminanten „Rock Bottom“ den Abend nach exakt zweieinhalb Stunden angemessen krachend enden zu lassen!! Welch geiler akustischer Trip durch Folk, Psych-, Späce- und Prog-Rock, Experimental Free Jäzz, Impro, Noise!!

Danach hätte ich mir gerne noch ein Shirt aus der neuen Kollektion gegönnt, jedoch war das auserwählte nur noch in Größe S erhältlich – und da pass ich so wenig rein wie MOTORPSYCHO in irgendeinen genau definierten musikalischen Rahmen...

 

Natürlich darf die Abschrift der vom Original geknipsten Setliste nicht fehlen:
dank state / lady may / maypole / patterns // the tower / cosmoctopus / mona lisa/azrael / sentinels / the alchemyst / entropy / hogwash / lacuna/sunrise / year zero // rock bottom

30.10.23

Hier ein Link zu „The Tower“ an einem früheren Abend der Tour – enjoy!!

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