MELVINS 22.06.23   Strasbourg, La Laiterie

 

Nach langer Zeit einen Ausflug in die Laiterie nach Straßburg zu machen, bescherte mir die 40th Anniversary Tour der unfassbar geilen MELVINS. Trotz üblicher Verspätung der Bahn, war ich an diesem schwül-heißen Sommerabend pünktlich und entspannt über'm Rhein und vor Ort und schicke gerne vorweg: Die Geburtstagsparty wurde heißer Anwärter auf ein Konzert des Jahres...

Als Support war ein Duo, Drummer nebst singendem Basser, zu hören. Nachdem ich die ersten drei Songs noch mit gewisser Neugier verfolgte, zog ich bald die Konversation in bewegter Luft draußen im Raucherbereich vor. Punkt neun war es soweit, der Grande Salle, in welchem wir uns für bestes Sicht- wie Klangerleben direkt hinter dem Mischpult und etwas erhöht etwa in der Mitte des zu gut drei Vierteln gefüllten Raums platziert hatten, wurde verdunkelt; vom Band ertönte "Take On Me" von a-ha und das Trio mit Kultcharakter - nein, nicht die norwegische Boygroup aus den Achzigern... - betrat unter großem Applaus die Bühne. Nach dem ersten Refrain des 1984er Chart-Pop-Hits wurde dieser jäh mittels böse klingendem Sound von Drums und Saiten pulverisiert - die Show aus Hits gänzlich anderer Wesensart begann!!

Die ersten drei Stücke donnerten Buzz Osborne, Dale Crover und Steven MacDonald sehr brachial am Stück durch, ehe das grandiose Beatles-Cover "I Want to Hold Your Hand" und das melodiöse "Hammering" vom aktuellen Album 'Bad Mood Rising' Luft holen ließen. Danach ging es mit "Never Say You're Sorry", ebenfalls vom neuen Werk, mit meist langsamen, fast behäbigen, dafür umso intensiveren Stücken - teils schön ausgedehnt gespielt - deutlich mehr in die Tiefe des unnachahmlichen Schaffens der MELVINS.

Diese bebende Intensität hielten die U.S.-Amerikaner aus Montesano/Washington bis zum Schluss aufrecht. Dabei war fraglos eine hervorragend eingespielte Bänd zu erleben, deren gesamtes Auftreten wie ein Statement wirkte, die mit bloßer Bühnenpräsenz ihrem Ausnahme-Charakter als Institution der subkulturellen Musik alle Ehre machte. Während des gesamten Sets präsentierten sich die Musiker in bester Spiellaune und zelebrierten einen Querschnitt aus ihrem gesamten Schaffen, wie es einem Vierziger angemessen ist. Bänd und Musik standen durchweg im Mittelpunkt des sehr schlicht gehaltenen Bühnenbilds, nicht einmal ein Banner mit Bändnamen oder -logo befand sich an der Bühnenwand im Hintergrund, dort war einfach eine schwarze Leinwand. Zur Untermalung des ziemlich gut gemischten Sounds - etwa ab dem vierten oder fünften Stück hat alles richtig gut gepasst - gab es vor allem Lightshow. Auf Synthies oder Einblendungen von Band, wie auf ihren Alben oft zu hören, wurde ebenfalls verzichtet - vom Intro natürlich abgesehen. Es waren ausschließlich die drei Instrumente sowie die Stimmen zu vernehmen, wobei vor allem auf dem Basssound immer wieder Effekte lagen.

Während Bassist Steven McDonald, seit 2016 in der Bänd und vom Jacket über die Hosen bis zu den Schuhen in festliches Rot gekleidet, gerne den publikumsnahen Poser gab, zeigte sich Gitarrist und Leadsänger Buzz Osborne wie üblich unnahbar, konzentriert auf den tiefergelegten, ultrafetten Sound seiner mattgoldfarbenen Gitarre, welcher er, nebst Riffs, regelmäßig seine superschrägen und ebenso geilen Soli entlockte - besonders eindrücklich und elaboriert bei "Let It All Be" vom 1999er Album 'Bootlicker'. Selbstverständlich war er dazu stylish im ausladenden, schwarzen Gewand mit hinten Fledermaus und vorne glitzernder Krone drauf gekleidet.

Diesen Reigen aus nicht selten dröhnend grollenden Soundgewittern spielten die MELVINS in einem durch; eine erste Ansprache kam vom Bassisten zur Einleitung des letzten Songs im regulären Set, dem ausgedehnten "Night Goat" vom 1993er Album 'Houdini'. Eine weitere, nun ziemlich wortreiche Dankesansprache mit kurzem Rückblick auf vierzig Jahre MELVINS, machte Dale Crover, bereits seit 1984 die Macht am Schlagzeug und zudem fast durchweg für die Buzzo ergänzende zweite Stimme zuständig, unmittelbar vor der Zugabe. Und dieses Finale, das einzig aus "Boris" bestand, hatte es in sich:

King Buzzo spielte im letzten Part stoisch den Rhythmus weiter, während seine beiden Mitstreiter sich vom völlig zu Recht sehr begeisterten Publikum verabschiedeten - in der zweiten Hälfte des Sets gab's gar vereinzeltes Crowdsurfing - und winkend die Bühne verließen. Nun zelebrierte der Kopf der Bänd den Schlussteil des Klassikers vom geilen 1991er Album 'Bullhead' lange und ausgiebig mit Gitarre und Stimme, ehe er schließlich mit "Thank You" - seine einzigen Worte ans Publikum - die Freakshow beendete. Ein sehr geiler Schluss eines fabelhaften Auftritts!!

Das ganze Konzert war ein einziges, durchgängiges Highlight und ich hatte vermutlich fünfundsiebzig kopfnickende Minuten lang ein Dauergrinsen im Gesicht...

28.06.23

 

Epilog:
Leider rückten die Menschen auf der Bühne keine Setliste raus und ich bin mir nicht sicher, ob die Herren überhaupt eine hatten oder das Set - nach setlist.fm ohnehin kaum variierend - einfach auswendig spielten. Daher erscheint mir folgende veritabel:

Intro vom Band: Take On Me (a-ha) / Snake Appeal / Zodiac / Copache / I Want to Hold Your Hand / Hammering / Never Say You're Sorry / Evil New War God / Let It All Be / Blood Witch / Your Blessened / A History of Bad Men / Honey Bucket / Revolve / Night Goat // Boris

Die Show aus Paris von Anfang Juni gibts auf juhtjuub HIER  (wenn auch mit zu leiser Stimme, für Eindrücke der Show reichts aber sicherlich...)

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