Crippled Black Phoenix 9.Mai 2014 Berlin, Kesselhaus/Kulturbrauerei

 

No Hipsters und kein cool-aufgedrehtes Jungvolk, sondern fast ausschließlich freundliche, abgeklärt-enthusiastische Menschen jenseits der 30, so wünscht man sich mittlerweile sein Konzertpublikum. Ein fast schon nostalgisch zu nennendes Erlebnis war das – im Blick die Bühne, ab und an ein Kopf vor der Linse, aber eben nicht dieses Meer aus in die Höhe gestreckter Smart-Phones, auf deren unzähligen Displays man - mit guten Augen und etwas Glück - eventuell sogar Teile des Bühnengeschehens mitverfolgen kann (oder sich dann halt irgendwann auf YouTube anschaut).
Bin einfach zu alt für diese Art des 'Konzertgenusses'!

A Liquid Landscape aus unserem schönen Nachbarstaat Holland punkteten in erster Linie mit ihrer sympathischen, entspannten Ausstrahlung und hatten offensichtlich viel Spaß an ihrer ersten größeren Deutschland-Tour. Sänger/Gitarrist Fons Herder bedankte sich ausführlich so ziemlich bei allem und jedem, würdigte die kochtechnischen Leistungen des Kesselhaus-Teams ebenso, wie die entspannt-offene Atmosphäre rund um die Kulturbrauerei, ging mir mit seinem unnatürlich wirkenden Coldplay-Gesang aber ehrlich gesagt dann doch ziemlich schnell auf den Sack. Musikalisch war das aber schon ganz ordentlich: Nicht ganz so weit entfernt vom Sound der Hauptband des Abends, dabei jedoch mit deutlich konventionelleren Songstrukturen und insgesamt vielleicht etwas zu braver Darbietung. Da fehlten einfach Routine und die nötige musikalische Aussagekraft, um den Funken auch aufs Publikum überspringen zu lassen. Weiterüben ist angesagt, dann könnten sich die Jungs nämlich irgendwann tatsächlich zu einer wirklich vielversprechenden Live-Band entwickeln.

Danach folgten zweieinhalb Stunden lang: RIFFS, RIFFS und nochmal RIFFS!! Crippled Black Phoenix machen es dem Hörer zugegebenermaßen auf Konserve nicht immer leicht mit ihren zumeist sehr schleppenden Nummern. So ziemlich alle bisherigen Alben der Band aus Bristol benötigten bei mir mehrere Durchläufe, um nachhaltig zu zünden. Live ist das aber eine ganz andere Liga: Da sorgen drei Gitarren, zwei Tastenmenschen und eine unglaublich tighte Rhythmusgruppe für eine Soundwand, die sofortige Sogwirkung entfaltet. Nix für Leute, die ausgefeilte technische Raffinessen, ausufernde Gitarren-Soli (die es hier und da natürlich auch gab) oder gar hübsch tanzbare Melodien bevorzugen. Eher halt was für Fans von: RIFFS!


Ach übrigens: Ich liebe RIFFS!!!


Und nach langjährigen Konzerterlebnissen im Kesselhaus muss ich es mal wirklich herausheben: Sound, Licht und das ganze Ambiente drumherum waren wieder mal überragend (das gilt übrigens für alle Veranstaltungsplätze in der Kulturbrauerei, d.h. mittelmäßige bis miese Darbietungen haben eigentlich immer die Künstler selbst zu verantworten). Ein maßgeschneidertes Umfeld für eine Band, deren Mastermind Justin Greaves jüngst in einem Interview meinte, er mache sich bei Aufnahmen nie darüber Gedanken, wie sich die Songs letztendlich auf der Bühne umzusetzen lassen. Der bombastisch - orchestrale Klang - eines der Markenzeichen von CBP - wirkte deshalb live nicht selten deutlich erdiger, ohne dabei auch nur den Hauch seines Breitwand-Charakters zu verlieren. Das tat Stücken wie dem großartigen "NO!" vom neuen Album, bei dem die Sirenen-Stimme von Keyboarderin Daisy Chapman sich endlich mal ausgiebig ausbreiten durfe, oder einer starken Version von "Burnt Reynolds" am Ende des regulären Sets, ausgesprochen gut. Absolutes Highlight aber, neben einer bemerkenswerten Coverversion von "Of a Livetime" (im Original von den ja eigentlich ziemlich grauenhaften US-Mainstreamrockern Journey), ein über zehnminütiger Lavastrom genannt "We Forgotten Who We Are", der so ziemlich alles unter sich begrub und an dessen Ende einen Herzschlag lang fast vollkommene Stille im Saal herrschte.


Die komplette Setlist bekomme ich an dieser Stelle leider, leider nicht mehr zusammen, aber insgesamt wurden – ich glaube sogar relativ gleichberechtigt – aus fast allen Alben und EP's der Briten Songs zu Gehör gebracht. Ein wirklich makelloser Auftritt, der von seiner Dynamik, den sich stetig aufs Neue aufschichtenden Soundkaskaden und einer unglaublich intensiven musikalischen Präsenz lebte. Hier ist eine Band am Start, die einfach weiß, was sie tut!
Und auch wenn sich überall immer mal wieder sphärische Klänge, Keyboard-Flächen, Gitarren-Picking und ausufernde Pink Floyd – Chöre dazwischen drängten – man konnte sicher sein: Gleich walzen sie dich wieder nieder, diese RI.... naja, ihr wisst schon.

Martin, 14.05.14

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