Fire! Orchestra    Ritual      (VÖ 13.05.16 / Rune Grammophon)


Ein riesiges Knäuel aus Kabeln taucht vor meinem inneren Auge auf. Dünne, feine, Kabel, die eins nach dem anderen reißen und in ihre einzelnen Bestandteile zerbersten. Mit jedem Reißen entsteht ein anhaltender Ton, beim stückweisen Zerbersten dieses imaginären Knäuels entsteht eine Tönung der lauen Luft in das permanente Fiepen einer elektrischen Gitarre. Hin und wieder haut ein Hammer dumpf dazwischen, dann setzt sich das Bersten unter entsprechendem Fiepen fort. Tausende von Kabeln scheinen es zu sein. Ein Trompetenruf beendet das Reißen, angstvoll klagender Gesang setzt ein, bis die gefühlte Collage in ruhigen Gewässern verschwindet. Auf einer Insel quietschen Schwäne aus rostigen Hälsen zu den Gesängen deprimierter Elfen, paranoide Drogen dirigieren das brennende Orchester und leiten die Stimmen synchron in einen düsteren Postdepressivismus.

So in etwa klingt Ritual pt 3, die B-Seite des Albums Ritual der norwegischen Fire! Orchestra. Ich hätte ja diesen Teil als ersten Teil im Träcklisting angesiedelt - aber wer bin ich, dem ungefähr einundzwanzigköpfigen Kollektiv um das Komponisten-Quartett Mats Gustafsson, Johan Berthling, Andreas Werliin und Mariam Wallentin in den Albumaufbau reinzuquatschen?

Ritual ist ein als Jazz etikettiertes Album, das rockende Mantra-Rhythmen unter von Bläsern geleiteten Freak-Out-nahen Gesängen ebenso vereint wie ruhig-aufgeregte Solo-Passagen von Saxophon oder Gitarre, die wiederum in hippelig-zappeligen Reigen münden. Es entzieht sich damit lässig jeglicher gängiger Möglichkeit der Beschreibung, erhebt Anspruch auf durchgängige Aufmerksamkeit des Hörenden, welcher das Hören tunlichst unterlassen sollte, wenn er nicht ausnahmslos bereit ist, sich auf obskure Skurrilität mit experimentellen Einschlägen voll und ganz einzulassen. Lässt man sich ein, ist das eine unendliche Bereicherung der sonst so üblichen Hörgewohnheiten - wie auch immer jene gestrickt sein mögen!!

28.05.16

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