Die Sterne 10.10.21 Freiburg, Jazzhaus

 

Einer der großen Vorteile solch einer kleinen Homepage ist, dass ich einfach nachsehen kann, wann ich welche Bänd wo live gesehen habe. Zumindest seit Beginn meines diesbezüglichen Geschreibsel vor gut fünfzehn Jahren. Davor bleibt die Erinnerung oft dämmerig – oder es täte not, den Stapel mit den alten, unsortierten Tickets zu durchforsten. Aber das möchte ich jetzt lieber nicht, so bleibt mir ein gewisser Rest an Unklarheit darüber, ob ich wirklich vor geraumer Zeit Die Sterne im hiesigen Jazzhaus schon einmal erleben durfte. Wie dem auch sei – verfolgt habe ich sie seit jeher nur am Rande und nicht intensiv, obschon mir das vorletzte, 2014er Album 'Flucht in die Flucht' ganz gut gefiel. Nun kam die Bänd eines frischen Oktobersonntagabends zum Nachholtermin vom Nachholtermin in die Stadt und etwa zweihundert Menschen begaben sich in den hübschen Keller mit dem guten Sound...

Um kurz nach acht betrat betrat ein ziemlich junger Mann mit E-Gitarre die Bühne, der sich nach ein paar Songs als Paul von Pauls Jets vorstellte, der an diesem Abend jedoch das Programm alleine bestreiten müsse, weil die Bänd noch im Restaurant sei. Wie auch immer, er erzählte eine knappe dreiviertel Stunde lang Geschichten zur fast cleanen E-Gitarre, mal munter, mal melancholisch und hin und wieder mit ein wenig Durchsickern des Wiener Schmäh. Das war durchaus sympathisch und recht unterhaltsam, ein passendes Warm-up, ganz im ehemals Hamburger Schule genannten Stil gehalten, welchem ja auch Die Sterne seinerzeit zugerechnet waren.

Die wiederum kamen keine zehn Minuten, nachdem sich Paul aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit abrupt verabschiedet hatte, um kurz vor neun auf die Bühne und starteten ihr – inklusive Zugaben – anderthalbstündiges Set mit "Der Palast ist leer" vom aktuellen, selbstbetitelten Album. Dies spielten sie denn auch fast in Gänze, dazwischen war das Set hübsch gespickt mit älteren bis alten Hits.
Musikalisch klang das um das letzte verbliebene Gründungsmitglied Frank Spilker neu formierte Quintett recht funk-lastig, was bei mir üblicherweise nach einer gewissen Zeit für kleine Längen sorgt – so auch an diesem Abend. Zumal ich die Bänd nicht grade als ausgezeichnete Live-Bänd hervorheben könnte (und ich mich vielleicht auch genau deswegen nicht mehr erinnern kann...). Der ziemlich groß gewachsene Frontmann schien jedenfalls auf der Bühne fast ein wenig mit der Situation zu fremdeln. Ob das immer so ist, eben sein Style ist, ob es der längeren Pause geschuldet oder aufgrund der offenbar von Abend zu Abend veränderten Hygienebestimmungen so war, kann ich nicht beurteilen. Zwar richtete er immer wieder einige Worte ans recht tanzlustige, häufig aber auch ein wenig sonntag-abendlich lethargisch wirkende Publikum, bewegte sich dabei aber häufig etwas linkisch, fast unbeholfen wirkend. Vor allem dann, wenn er keine Gitarre um hatte. Dann trug er mal mit Handtuch in der Hand seine ebenso kreativen wie geistreichen Texte vor oder übernahm den Takt per Plastikglocke durch zwei oder drei Songs.

Am energetischsten war der Auftritt bei den bekannteren Hits der Bänd, "Was hat dich bloß so ruiniert" (als Closer des regulären Sets), "Von allen Gedanken schätze ich am meisten die Interessanten" (als drittes Stück im Set) sowie bei jenen, wo die Gitarren mal so richtig heavy verzerrt waren und ausgiebig fiepen durften, als die instrumentalen Passagen mehr Raum bekamen und fast ein kleiner Hauch von Psychedelik durchs Gewölbe wehte. Dies wurde insbesondere bei zwei Stücken sehr schön zelebriert; zunächst im regulären Set bei "Das Elend kommt nicht" vom aktuellen Album und bei der ersten Zugabe, einem der ältesten Sterne-Songs überhaupt: "Fickt das System". Letzteres durfte nicht weniger als gar neun Minuten dauern. Ein weiteres mir gut in Erinnerung gebliebenes Stück war außerdem "Du musst gar nix", wiederum vom aktuellen Werk, welches vor allem vom Text lebt. Wie eben so viele, wenn nicht gar alle Songs der Hamburger...

Nixdestotrotz war das Konzert der Sterne ein gelungener Ausklang eines frühherbstlichen Wochenendes – und das wirklich größte Manko war, dass ich doch tatsächlich meinen Gehörschutz vergessen hatte und auf die vor Ort bereit liegenden Soft-Oropax zurückgreifen musste, die das Sounderlebnis doch erheblich dämpften. Es soll mir eine Lehre sein...

 

Eine Abschrift der irritierenden Setliste gibts nun auch mal wieder. Irritierend, weil hier wesentlich mehr Songs in den Zugaben gelistet sind, als gespielt wurden. Daher werde ich das reguläre Set wie gelistet aufführen sowie die beiden Zugaben, die gespielt wurden:

Der Palast ist leer / Mach mich vom Acker / Die Interessanten / Widerschein / Das bisschen Besser / Die Message / Das Elend kommt nicht / Wir kämen wieder vor / Du musst gar nix / Hey Dealer / In diesem Sinn / Depressionen / Wahr ist was wahr ist / Halbvergangener Tag / Das Herz schlägt aus / Sommer in die Stadt / Universal Tellerwäscher / Ruiniert // Fickt das System // Die besten Demokratien

16.10.21

P.S.: Im Nachgang höre ich wieder ziemlich gerne und häufig das oben erwähnte 'Flucht in die Flucht'. Irgendwie weist das Album deutlich mehr Tiefe auf, was die musikalische Untermalung der Texte angeht, als die Live-Performänce das ausloten konnte. Schade eigentlich...

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