Chuck Ragan                     7.05.22 Freiburg, Jazzhaus

 

Ziemlich unterschiedlich zu den beiden vorigen von mir besuchten Konzerten war der Auftritt von Hot Water Music-Mitgründer Chuck Ragan im Freiburger Traditionskeller mit dem guten Sound: Der in der Attitüde des Punk beheimatete Songwriter aus Florida holte sein aus November '20 verlegtes Konzert nach, welches selbst wiederum anders klang, als das vor fast genau vierzehn Jahren ersten von mir besuchten Konzerts des unverändert inbrünstig singenden Mannes klang...

Doch der Reihe nach: Zunächst gehörte die Bühne für eine halbe Stunde Jessie Ahern, einem Sänger und Songschreiber im Stile Ragan's, insbesondere was die Stimme angeht. Da war mir fast schon zuviel der Ähnlichkeit – allerdings mit weit weniger Volumen. Daneben fand ich die Songs, durchweg mit Gitarre und Harp, leider etwas gleichförmig, wie mir auch seine stete Eigenwerbung des Guten zuviel war. Im musikalischen Stil war es dennoch ein sehr passender Warm-Up für Chuck Ragan, der mit seiner Bänd The Cameraderie um viertel vor neun die Bühne betrat. Auf Deutsch begrüßte er die mittlerweile etwa vierhundert Anwesenden im gut gefüllten Jazzhaus und das Quartett legte druckvoll los. Nach wenigen Songs war der Sound ziemlich gut, die akustische Gitarre auch gezupft gut zu hören, Bass und Drums in ganzer Fülle da und vor allem die Pedal-Steel-Gitarre als stete Begleiterin von Ragan's übervoller Stimme sehr klar. Diese übernahm – nebst Harpeinlagen des Chefs – die meisten Melodieparts, die mir von den beiden Alben und der Handvoll Singles, die ich besitze, eher mittels Fiddle geläufig sind. Außerdem untermalte sie die gesanglichen Vorträge durchweg sehr stilvoll.

Wohl auch aufgrund der neuen Gewänder schienen mir die allermeisten Songs unbekannt, doch machte es einfach Spaß, dem Sänger zuzuhören und zu sehen, wie er mit jedem Stück komplett eins ist. Zumal ihm jede Star-Allüre fremd ist, er einfach nur Spaß hat, dabei gerne über kurze knackige Ansagen Kontakt zum Publikum aufnimmt. Wer Chuck Ragan zum ersten Mal live hört und sieht, ohne je einen Song von ihm gehört zu haben, dürfte sofort das Gefühl haben, der Typ mit der fetten Reibeisenstimme sei ein ganz alter, sehr verlässlicher Kumpel...
Highlights waren, nebst eines in der Mitte des Sets solo gespielten Stückes, die drei letzten Songs: Eine großartige Version von "The Boat" läutete das grande Finale ein, atmosphärischer und musikalisch ausdifferenzierter, als die ebenfalls tolle, doch deutlich ungeschliffenere Version des Songs auf dem 2007er Solo-Debüt 'Feast or Famine". Dem folgte "California Burritos", ein weiterer Klassiker des Erstlings und ein sehr schönes "Meet You In The Middle" von 'Covering Ground' aus 2008, von dem außerdem das sehr schöne "Nothing Left To Prove" im Programm war. Die vier kamen nach großem Applaus noch einmal zurück und spielten noch eine Zugabe, ehe nach achtzig Minuten die Lichter im Saal angingen.

Recht spaßig war, dass die Musiker, als sie für die Zugabe auf die Bühne zurückkamen, eine große Schale mit Obst dabei hatten, aus welcher sie erstmal Äpfel und Bananen ans Publikum verteilten. Es seien Bäckstäge einfach viel zu viele Früchte bereitgestellt worden, meinte Chuck lakonisch, während Pedal-Steel-Spieler Todd Beene gleich die ganze Schale ins Publikum übergab. So musste auch niemand hungrig von diesem sehr leidenschaftlich vorgetragenen Konzert nach Hause gehen...

8.05.22

P.S.: Eine Setlist konnte ich leider nicht ergattern und hatte wie so oft auch mein Händy zu Hause liegen lassen, aber hier gibts die sehr schöne Version von "The Boat" (wobei auf dem Mitschnitt längst nicht das ganze Volumen der Stimme zum Tragen kommt) – aufgenommen in London Ende April – viel Spaß!!

P.P.S.: In der einzigen ausführlichen Ankündigung eines Songs – "Bedroll Lullaby" vom 2014er Album 'Till Midnight' – und dessen textlicher Botschaft, plädierte der offenbar sehr naturverbundene Künstler dafür, öfter mal raus in die Natur zu gehen, damit uns die Verbindung dazu nicht immer weiter abhanden kommt. Denn, so erklärte er weiter, je weniger Bewusstsein für die Natur an sich vorhanden ist, umso weniger präsent ist uns, wie unbedingt wir diese als unsere Lebensgrundlage schützen müssten. Wohl wahr...

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