Arbouretum Let it all in (VÖ: 20.03.20 / Thrill Jockey)
Ein Inhaber großer Schnittmengen mit meinem Musikgeschmack hat das neue Werk des mir in den letzten Jahren sehr ans Hörherz gewachsenen Quartetts aus Baltimore/Maryland mit den lapidaren Worten eigentlich wie immer – Arbouretum halt – ist gut! beschrieben. Das teile ich nun wiederum nicht in Gänze, obwohl ich Besagtem grundsätzlich zustimmen kann...
Es sind hier die Nuancen, die den Unterschied zu anderen Alben der Bänd machen. Vor allem die durch Let it all in schlendernde, nur punktuell ausgesetzte, Reduziertheit. Ja, hier wird ein ohnehin schon sehr entspannter Sound ein gutes Stückchen zurückgenommen. Die schweren, stoner-lastigen Rhythmusgitarren ruhen sich öfter aus und machen melodisch-rhythmisch gespielten, cleaneren Sounds Platz, die oft mit Synthieklängen untermalt sind. Sehr gut zu hören ist das beim zweiten Stück "A Prism in Reverse", während der Auftakt mit "How Deep it Goes" sofortige Assoziationen mit Neil Young erwachen lässt. Bei "No Sanctuary Blues" wiederum werden von den sechs Saiten anstatt explosiv erzählenden Soli verhaltene Motive in Dauerschleife gespielt, die verstärkt für meditative Stimmung sorgen. Den Gipfel erreicht diese Reduktion beim kürzesten Stück des Albums, dem instrumentalen "Night Theme", welches, sehr synthielastig, seinem Titel alle Ehre macht. So steigert sich das Vergnügen beim Hören – zumindest bei mir – umso mehr, wenn bei "Headquarters II", dem abschließenden Stück der A-Seite dieses ausgesprochen hübschen, azurblauen Vinyls, die ausufernde Leadgitarre plötzlich, fast unerwartet, zurück ist und den Song majestätisch zu seinem Ende trägt.
Doch gibt es eben auch Momente, wo wiederum die Zurückgenommenheit pausiert und es richtig heftig und nicht minder lautstark zur Sache geht. "Let it all in", das Titelstück als zentraler Song der B-Seite, nimmt vom ersten Ton an volle Fahrt auf und hält den treibenden Rhythmus unverändert stoisch über seine vollen, fast zwölf Minuten. Gespickt ist dieser Ritt nicht nur durch die Gesangsparts, sondern vor allem durch zwei instrumentale Ausuferungen: Zunächst mittels eines ziemlich sixities-affinen Synthie-Leadparts und später – natürlich – durch einen fantastischen Gitarrenwirbel!! So ist für mein Hörgefühl denn auch der folgende Bruch zum abschließenden "High Water Song", der an dylan-eske Schunkelstücke à la "Rainy Day Women" erinnern lässt, sehr gelungen. Ein sehr tanzbares Stück, mit welchem Let it all in endet, wo auch noch eine Trompete auftaucht und welches durchweg mitgetragen ist von rock'n'rolligen Pianoklängen. Je öfter ich diese Platte höre, umso mehr steigert sich meine Begeisterung!! Ein großartiges Album!!
29.03.20
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