Vom Schwimmen
 

 

 

Schwimmen hält fit. So suggeriert es die Werbung der Krankenkassen und Schwimmbadbetreiber jedenfalls. Dass ich vor einigen Jahren ein altes Hobby wieder entdeckt habe, lag zunächst in erster Linie daran, dass mich seinerzeit eine süße kleine Blondine nach wochenlangem Bitten und Betteln an einem kalten Winterabend endlich ins Hallenbad verführte. Schon gut, ich geb´s ja zu, meine tatsächliche Intension lag weniger darin, zu planschen, sondern natürlich die hübsche Maid im Badeanzug bestaunen zu dürfen. Trotzdem sollte es nicht lange dauern bis klar wurde, dass mir dieser Sport trotz jahrelanger, ja fast jahrzehntelanger Abstinenz noch immer sehr gut gefiel und ich nichts von der in zarter Kindheit erlernten Technik verlernt hatte. Bleibende Folge dieser Episode ist also, dass ich seither regelmäßig unregelmäßiger Gast im Hallenbad bin. Mittlerweile schaffe ich an guten Tagen sogar meine alte Bestmarke von zweitausend Metern am Stück wieder. Dies ist allerdings auch nur dann machbar, wenn das Becken nicht allzu überfüllt ist, und man nicht ständig irgendwelchen menschlichen Hindernissen ausweichen muss.


Zu nennen wären diesbezüglich zum Beispiel plappernde Hausfrauen zumeist recht fortgeschrittenen Semesters, die sich offensichtlich gerade in einem Anflug von Selbstkasteiung einen mehrstündigen Koffeinentzug auferlegt haben, daher kurzerhand ihren Kaffeeklatsch ins Schwimmbad verlegten, um hier möglichst langsam, dafür paarweise nebeneinander herzuschwimmen – so man gewillt ist, dieses Wasserschneckentempo als Schwimmen zu bezeichnen. Dies wiederum hat zur Folge, dass kontinuierlich zwei ganze Bahnen verstopft sind. Und dabei teilen sie sich fortwährend die neuesten Geschichten von was-weiß-ich-was mit. Im optimalen Fall machen sie dann alle zwei bis drei Bahnen eine Pause, hängen munter tratschend und kichernd am Beckenrand, um auch noch bei der Wende zu stören und machen sich somit für ihre in echt schwimmende Umwelt völlig unberechenbar. Am besten gefallen mir jene Exemplare, die noch die dicken Gummibademützen aus längst verloren geglaubten Kollektionen tragen, meist in Blau, mit noppenartigen Blumen drauf. Nach dem Schwimmbadbesuch hocken die Damen wahrscheinlich erstmal zwei Stunden beim Friseur und lassen sich für eine Unsumme Geld die zermatschte Dauerwelle wieder richten. Allerdings muss ihnen zugute gehalten werden, dass sie sich doch wenigstens willens zeigen, auch selbst mal auszuweichen, sollten sie den Gegenverkehr als solchen erkannt haben.


Nicht so die meisten eher sportlichen Schwimmer (oder die sich dafür halten), die oft nicht im Ansatz bereit sind, auf andere Beckenmitbenutzer zu achten. Grade neulich schwamm ein Typ Marke Sportschwimmer so dermaßen penetrant auf Bahn 2, als hätte er die gekauft oder zumindest persönlich gepachtet. Und wie die meisten aggressiven Autofahrer einen roten Wagen besitzen, trug er passenderweise rote Badehosen. Mit der Zeit fiel mir auf, dass er offensichtlich nicht allein war, anscheinend trafen sich ausgerechnet an diesem Tag die Mitglieder des mid-aged Männerschwimmclub in aggro-roten Badehosen. Super, und ich mittendrin, allein unter Schwimmbeckenterroristen!! Ich wusste gar nicht mehr wohin ich ausweichen soll, so dass ich quasi im Zickzack meine Bahnen schwimmen musste. An einen vernünftigen Schwimmstil oder eine Verbesserung der persönlichen Bestzeit war so jedenfalls nicht mehr zu denken. Zeitweise dachte ich allen Ernstes daran, künftig mit meinem alten Mopedhelm zu schwimmen. Damit könnte ich lässig auf direkte Konfrontation gehen, ohne dass es für mich selbst allzu schmerzhaft ausgeht. Ich verwarf den Gedanken jedoch bald wieder, da die Ästhetik des Schwimmens wohl zu arg darunter leiden würde. Also weiter die Zähne zusammenbeißen und slalomartig ausweichen.


Ziemlich übel sind auch die vermeintlichen Hobbykrauler. Die kriegen es doch tatsächlich fertig, ihren selbst kreierten (Nicht-)Stil zu schwimmen, ohne ein einziges Mal den Kopf unter die Wasseroberfläche zu tauchen. Das mag von außen recht amüsant und vielleicht sogar action-lastig anzusehen sein, schon möglich. Als sich unweit dieser Spezies im Becken Aufhaltender ist dies mitnichten lustig, da dieser zum Glück eher weniger oft auftretende Typ jedoch auf Grund seiner unkontrollierten Armarbeit kräftig über das Wasser hinwegzuwischen pflegt, anstatt elegant darin einzutauchen, erhöht sich die Wasserschluckfrequenz eines Brustschwimmers aus bloßen Gründen der Fitness – wie ich einer bin – rapide. Einmal hatte ich soviel von der Beckenfüllung intus, dass sich der Wasserspiegel nach Beendigung meiner Trainingseinheit um mindestens einen halben Meter gesenkt hatte.
Gegen diese Kategorie der absoluten Stilverächter sind Rückenschwimmer wiederum wahre Waisenkinder. Die seh´n halt nichts nach hinten, schwimmen dem zur Folge häufig so krumm wie die Ferkel laufen, sind aber insgesamt recht einfach zu umschiffen.


Ganz ignorant und völlig unberechenbar sind dagegen die Querschwimmer. Querschwimmer gibt es in allen Altersklassen und Erscheinungsbildern. Ich werd wohl nie verstehen, wie man auch nur auf die Idee kommen kann, in einem Schwimmbecken, dessen Fläche offensichtlich gut ausgelastet ist, quer über die Bahnen hinweg zu schwimmen. Dies zeugt nach meinem Verständnis von einem Höchstmaß an öffentlich zur Schau gestellter Ignoranz gepaart mit purer Blödheit. Darauf möchte ich nun aber nicht weiter eingehen, sonst könnte dieser Aufsatz noch in eine böse Hetzschrift abdriften.

Stattdessen erinnere ich mich lieber noch etwas an die Anfänge meiner Schwimmerkarriere.
Als ich zarte sechs Jahre alt war, steckten mich meine Eltern in den Schwimmsportverein (kurz: SSV) meiner Heimatgemeinde, wo man mir die Grundlagen der Fortbewegung im Wasser beibrachte. Da der SSV für mich als Frühverfechter der Null-Bock-Generation jedoch etwas zu streng und leistungsbezogen ausgerichtet war, durfte ich bald zur etwas gemütlicher agierenden DLRG wechseln, den allseits beliebten und gutmütigen Rettungsschwimmern. Dort hagelte es bald Urkunden, Abzeichen und Lob anstelle von Drill, Tadel und Leistungsdruck, was schon damals eher meiner Natur entsprach. Erst das Seepferdchen, dann das bronzene und silberne Schwimmabzeichen. Die wurden alle schön von meiner Mama in Reih ums Glied auf die Badehose genäht. „Und das goldene?“ werden sich nun die Fachleute unter meiner werten Leserschaft fragen? Das war mir schon damals schlicht zu posig!! Hatte ich einfach keinen Bock drauf, fertig. Bin doch kein Streber oder was?! Mit elf hatte ich schließlich im kühlen Nass alles erreicht, wozu ich Lust gehabt hatte: Kreismeister im Mannschaftsrettungsschwimmen 1980 (wir schwammen mangels weiteren männlichen Mannschaften unserer Altersklasse außer Konkurrenz, weshalb wir gegen Mädchen antreten durften, die wir dann auch ganz charmant und lässig in allen Disziplinen schlagen konnten). Und der Höhepunkt: 3. badischer Meister 1981 (diesmal unter neun teilnehmenden Mannschaften, deren Mitglieder allesamt gleichen Geschlechts waren). Danach beendete ich meine Karriere als Auswechselmannschaftsrettungsschwimmer quasi ungeschlagen und konnte mich ganz darauf konzentrieren, in der Schule nicht sitzen bleiben zu müssen – was jedoch leider nicht geklappt hat. Aber das ist eine andere Geschichte.


(März 2006; überarbeitet März 2009)
 

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