Gurtenfestival

 

hier mit:

The Gaslight Anthem, Bloc Party, White Lies, Franz Ferdinand, Röyksopp

16.07.09 Bern

 

Festivalbesuche sind ja wie Klingen mit gleich mehreren Schneiden: einerseits lauert meist ein hochwertiges Line-Up auf den Besucher, andererseits hängt ein Großteil des Gelingens vom Organisationstalent des Veranstalters ab. Und das Wetter spielt natürlich seine eigene Rolle, gänzlich unbeeindruckbar von irgendwas…

So fuhren also einer meiner Lieblingskonzertbegleiter und ich in die Schweizer Hauptstadt, auf deren Hausberg in sehr schöner Lage in etwa 850 Metern Höhe das Gurtenfestival eines heißen Donnerstags eröffnet wurde. Vorweg: die Organisation der Eidgenossen war ausgezeichnet gelungen, die Anreise per Bergbahn zum Gelände höchst charmant, die Aussicht vom Zeltplatz grandios, die Voraussetzungen gestalteten sich demnach vorzüglich.
Musikalisch ging es insgesamt sehr britisch zu, doch die für uns erste Bänd des Abends waren The Gaslight Anthem aus New Brunswick/USA, die wir recht pünktlich auf der Zeltbühne erreichen konnten. Viel Gutes hatte ich bisher über die Live-Auftritte des Quartetts mit dem punkig angehauchten, country-esk folkigen Gitarren-Rock-Sound gelesen, ich war neugierig auf mein eigenes Bild von ihnen. So richtig gut wurde das Bild dann leider nicht: das Organ des Sängers klang recht dünn, die Gitarren waren schlecht zu hören - und damit die Klangfarben also eher bescheiden. Zudem wirkte das Set durch das Anspielen des einen oder anderen bekannten Hits (u.a. die olle Schmonzette "Stand By Me") etwas aufgebläht. Zwar mühte sich die Bänd redlich und zeigte selbst in der für mich etwas überflüssigen Zugabe noch ordentlich Spiellaune, so richtig doll wars aber leider nicht. Schade, denn vom Papier her hatte ich diesen Gig als vorgezogenes Highlight vermutet.

Nach dieser kleinen musikalischen Enttäuschung schlossen wir uns umgehend dem Hauptstrom zur großen Bühne an, die bereits für Bloc Party gerichtet war. Die Londoner begannen zunächst recht gut, mit deutlich besserem Sound als zuvor gehört, groovy und fetzig – um dann bald ganz schön nachzulassen. Etwas lustlos wirkten die vier, das Set langweilte mich sogar mit zunehmender Dauer, von den spärlich gesäten Hits wie z. B. „Banquet“ mal abgesehen. So nutzten wir die Zeit, uns etwas kulinarisch zu verlustieren und ließen das Konzert im Hintergrund vor sich hin plätschern, bis der glühende Planet über uns gute Nacht sagte und die Dunkelheit über dem hübschen Gelände Einzug halten ließ.

Dann führte uns der Weg zurück ins etwa 3000 Menschen fassende Zelt. Dort standen nämlich die White Lies auf dem Plan. Und diese junge Bänd aus London markierte die erste positive Überraschung des Abends. Zwar war die Machart keine neue – Schrammelgitarre trifft auf achtziger-lastige Synthie-Sounds –, doch wen interessiert das schon, wenn die Qualität stimmt? Schöne Melodien schwangen sich über unwiderstehlich groovige Bass- und Schlagzeugrhythmen, die teils recht hitverdächtigen Songs kamen schön abwechslungsreich gestaltet daher und wurden zudem in schnörkelloser Performance erfrischend und voll Spiellaune vorgetragen. So schön können Notlügen klingen!!

Die Prime-Time auf der Hauptbühne um viertel nach 11 gehörte den Glasgower Kunst-Pop-Rockern Franz Ferdinand. Die gehören mittlerweile offenbar zu den ganz schön Großen im Geschäft und – dies muss ich nach dem gesehenen Auftritt trotz angeborener Abneigung irgendwelchen Hypes gegenüber gestehen – zu Recht!! Die Männer um Alex Kapranos legten eine fulminante, moderne Rock-Show hin, in sich stimmig, mit ausgezeichneter Visualisierung, erstklassigem Sound und natürlich einer ganzen Reihe Hits, die für mich erst live ihre Qualität so richtig entfalten konnten. Um nur meine personal highlights zu nennen: „Ulysses“ war darunter, „This Fire“, „Walk Away“, „Lucid Dreams“ und natürlich „Take Me Out“. Bei so manchem Stück wurden die eigentlichen Versionen gekonnt verlassen und quirlige Live-Eskapaden zelebriert, jedoch ohne irgend etwas unnötig in die Länge zu ziehen. Auch der Kontakt mit dem Publikum wurde rege gepflegt, fast schon rührig waren die Geburtstagsglückwünsche an den Mischer, welcher die Bänd seit ihren Anfangstagen begleitet. Ein also alles in allem wirklich sehr geiler Auftritt und (für mich alten Skeptiker) die größte Überraschung des Abends.

Danach war Schluss auf der Hauptbühne und es zog uns wieder rüber ins Zelt, wo uns ein mächtiger Ausklang des norwegischen Duos Röyksopp erwartete, die mit ihren Downbeats und Gastsängerin, Eulenmasken und fetten Bässen den Gurten erbeben ließen, bis selbst ich nicht mehr um das eine oder andere Tänzchen herumkam, während es draußen in der Zwischenzeit ordentlich hitzegewittert hatte und der Regen von all seinen möglichen Stärken Kostproben gab. Was für ein Showdown!!

Um 2 Uhr war das akustische Spektakel zu Ende. Wir zwei beiden schlenderten glücklich und müde an unsere kleine Plastikresidenz zum gemütlichen Ausklang vorm zu Schlafsackgehen. Dann ging mein Bewusstsein alsbald down to deep sleep, durch nix zu erschüttern, so dass ich vom weiteren nächtlichen eskapieren des Wetters erst am nächsten Morgen erfuhr…

 

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