Grand Island

31.10.07 Freiburg, Swamp

 

Grand Island. Aus Norwegen. Spielen im Swamp. Das wars, was ich an Information hatte, als ich mich an diesem saukalten Herbstabend auf den Weg in die besagte Kneipe machte. Außerdem wusste ich lediglich noch, dass ich vor einiger Zeit schon auf der Swamp-Web-Seite über ebendiese Bänd gelesen hatte und mich daran erinnerte, diese Beschreibung -- obwohl ich mich nicht im Detail an sie zu erinnern vermag -- als höchst interessant erscheinend auf meiner Hirnfestplatte abgespeichert zu haben.
Nun gut, ich hatte auch bewusst nicht mehr nachgeschaut, denn ich hatte schlicht Lust auf Überraschung. So zog ich denn los und wurde tatsächlich überrascht. Und wie!! Überrascht, überrollt, überrumpelt.

Bei meinem Eintreffen sah es noch so aus, als seien kaum Leute da, doch zu Beginn des Konzerts schienen einige aus ihren Rauchlöchern gekrochen zu kommen, so dass im Raum keine gähnende Leere, aber auch keine drängende Enge herrschte. Etwa 30 Menschen dürften es gewesen sein, die an diesem Abend auf meiner Meinung nach ohnehin überflüssige Halloween-Aktivitäten verzichtet hatten, und sich stattdessen durchgeknallt-sympathischen Skandinaviern und deren Musik widmeten.
Ja. Deren Musik. Nach dem Konzert fragte ich den Keyboarder, der offenbar auch als CD-Verkäufer und Sprachrohr des Fünfers fungiert, wie er denn diese beschreiben würde, denn ich tu mich damit schwer, weshalb ich mich hier, liebe Leser, auch schon eine ganze Weile lang um den Versuch herumdrücke und stattdessen lieber konfabuliere.
Ich tat also meine Glückwünsche für den tollen Auftritt kund, die er dankend entgegennahm und teilte ihm sodann mein Anliegen mit. Er atmete tief durch. Ich wartete geduldig. Dann fing er an mit "irgendwas mit Punk-Rock". Ich war skeptisch. "Also nicht die Punk-Rock-Musik als solches, aber die Energie vom Punk." Aha, nun wurde er also konkreter. "Ach, nenns irgendwie Southern Indie oder so." "Da hastes nun", dachte ich, "er scheint es selbst nicht so genau zu wissen". (Diese Tatsache allein lässt mich hiermit einen weiteren dicken Bonuspunkt gutschreiben...)


Jetzt im Nachhinein fällt mir auf, dass dies -- überaus nette -- Gespräch, vielen Songs ähnelnd verlaufen war, die einem zuvor eine gute Stunde lang die Gehörgänge durchpustet hatten: zu Anfang voll rein, innehalten, kurz nachdenken, dann wieder Gas geben, überraschende Wendung, innehalten, furioses Finale. Gut, Letzteres passierte im Gespräch nicht, wir plauderten entspannt noch ein wenig über die momentane Tour der Jungs, ich erfuhr, dass sie sehr gerne in Deutschand spielten, dies sogar besser fänden als in Norwegen, weil die Menschen hier mehr aus sich heraus gingen, tanzen wollten, Party haben. Nun, mit ihren Songs, die viele Tempowechsel beinhalten, viele überraschende Momente aufweisen, machen sie es ihrem Publikum nicht unbedingt leicht, mitzutanzen. Es sei denn, man kennt die Stücke recht gut.
Egal, ich komm nicht drum herum. Ich möchte mich wenigstens an einer Beschreibung versuchen. Fangen wir mal mit der Instrumentierung an: Gitarre, Schlagzeug, Bass, Orgel bzw. Keyboard, Banjo. So. Der Sänger kreischte, heulte, wimmerte, dass es mich auf Grund dessen (und der oft halsbrecherischen Geschwindigkeit der Songs) anfangs an so genannten Emo-Core erinnerte. Scheißbezeichnung, ich weiß. Aber war so. Im übrigen konnte er auch singen, das soll hier nicht vergessen werden. Dann war natürlich die Energie und auch die süße Anarchie des Punk-Rock zugegen, Rock´n´Roll, Blues, Psych-Elemente aus vergangenen Epochen, ebenso fand ich hier und da ansatzweise Hardcore- und gar Countryeinflüsse zu entdecken. Ein möglicher Schubladisierungsvorschlag wäre demnach also Hardcore-Country-Psych-Rock. Anyway, so wild gemischt wie vorgetragen jedenfalls eine sehr explosive Mischung, deren Entladung auf der Bühne zu beobachten nicht nur mir große Freude bereitete. Immer in Bewegung, besonders die beiden Fontleute, ihr Set mit Herz und Seele sowie Spaß und Überzeugung vortragend, schwer berechenbar mit wie bereits erwähnt vielen Wechseln und Breaks, leider etwas mäßiger, wenn auch annehmbarer Sound, auf welchen ich zurückführe, praktisch nix von den Texten mitbekommmen zu haben. Zusammengefasst: ein richtig geiles Konzert, aus dem Nichts heraus voll auf die Zwölf!! Und so deckt sich mein Fazit denn auch absolut mit dem des Tastenmannes:
"Zufrieden?"
"Ja, sehr!!"

P.S.: Selbstverständlich habe ich mir eine CD gekauft, und darauf gibts noch und nöcher immer wieder neues zu entdecken, was unweigerlich zur Folge hat, dass das Scheibchen gar nicht mehr aus meinem CD-Player raus will...

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