Heaven & Hell

14.06.09 Karlsruhe, Europahalle

 Es gibt Bands, die muss man einfach gesehen haben. Welche dies sind ist jedoch individuell ganz verschieden. Was für die einen ein epochales Ereignis besonderen Ausmaßes, ist für die anderen nur kalter Kaffee. Die Formation, die gestern in Karlsruhe aufspielte, polarisiert auf jeden Fall. Es handelt sich um Heaven & Hell, und da geht der Streit schon los, denn eigentlich war es Black Sabbath. Die Fraktionen sind vielleicht ähnlich aufgeteilt wie bei AC/DC vor und nach Bon Scott. Ich zähle zu denen, für die AC/DC in der Zeit danach nur noch eine Coverband der ursprünglichen AC/DCs sind. Erdreistet sich doch ein gewisser Emporkömmling namens Brian Johnson die heiligen Hymnen wie Highway to Hell oder Girls got the rhythm zu singen.. äääh kreischen. Warum dieser Vergleich? Weil es eben bei Black Sabbath alias Heaven & Hell nicht so ist. Das Line-Up besteht nur aus 50% der Sabbath- Originalmitglieder von '69 mit Tony Iommi (Gitarre) und Geezer Butler (Bass). Nicht mehr von der Partie sind Bill Ward (Schlagzeug) und vor allem der einzigartige, unnachahmliche Ozzy Osbourne (Gesang). Black Sabbath hatte ja durchaus eine bewegte Bandgeschichte mit diversen Besetzungen, vor allem auf der Position des Frontmannes. Hier hat sich insbesondere der Nachfolger von Ozzy eindrücklich in Szene gesetzt: Ronnie James Dio. Der Ex-Sänger von Rainbow wechselte Anfang der 80er zu Black Sabbath und macht insgesamt 4 Studioalben (Heaven and Hell, The Mob Rules, Dehumanizer und The Devil you know) sowie ein Livealbum. Mit dem letzten Album ist das Line-Up, das sich aus formal-juristischen Gründen in Heaven& Hell umbenennen musste, nun unterwegs, mit Ex-DIO Schlagzeuger Vinny Appice, um der Welt – ja was denn? – zu bringen....
Man konnte ja nicht ernsthaft erwarten dass man noch satanische Kulte auf der Bühne erleben würde, oder bierernste Kämpfe mit Pappmachédrachen, oder doch? Das Bühnenbild das man nach der sehr unnötigen Vorband namens Axel Rudi Pell! sah, sprach da eine ganz andere Sprache. Saßen da doch zwei überdimensionale, geflügelte Höllenhunde in luftiger Höhe, nach Opfern Ausschau haltend.

Dann wurde es dunkel und die die Legenden (allesamt) kamen auf die Bühne und begannen mit dem fantastischen Instrumental „E5150“, gefolgt von „The Mob Rules“ und spätestens da waren alle im Publikum bei der Sache. So an die 2000 Leute waren da schon zusammengekommen in der nicht ausverkauften Halle. Dio, der kleine Mann mit der großartigen Stimme, hatte sichtlich große Freude am Gig und ließ es sich nicht nehmen, jeden Song im Vorfeld genüsslich anzukündigen, oftmals gemixt mit einer gewissen Portion Selbstironie. Als nächstes war „Children of the sea“ dran, und Gänsehaut überkam wohl die meisten im Publikum, die sich nicht akribisch auf dieses Konzert vorbereitet haben und bei
denen plötzlich wieder das Gefühl wie vor 20 Jahren hochkam, ja fast wie bei einer Oldienacht. Aber dieser Vergleich wäre nicht gerechtfertigt, denn die Mannen um Dio ruhen sich nicht auf ihren Lorbeeren aus, sondern spielen ja auch neue Sachen, die zwar nicht die Welt aus den Angeln heben, aber eben doch noch ihre Kreativität, die auf der Bühne zu spüren war, dokumentiert. Man darf ja nicht vergessen, dass der Youngster von Heaven&Hell, Vinnie Appice immerhin 50 ist und die anderen Herren mindestens 10 Jahre älter!
Mit dem nachgelegten „'I'“ von Dehumanizer ließen besagte ältere Herren die Kuttenträger und Mähnenschwinger, die reichlich vertreten waren, feuchte Augen kriegen. Ein Wort zu den Fans: Waren Heavy-Metal-Fans schon in jungen Jahren meist nicht mit griechischer Schönheit beschlagen, so hat das Alter und die ungesunde Ernährung über Jahrzehnte ihre deutlichen Spuren hinterlassen. Während des ganzen Konzertes spielte Toni Iommi immer wieder Soli, die eingefleischte Gitarrenvirtuosen mit der Zunge schnalzen ließen. Mich haben diese allerdings weniger entfacht, sondern vielmehr das unglaubliche Bassspiel von Geezer Butler. Mit der rechten Hand zupfte er mindestens 3-fingrig die Saiten, mit der linken Hand flog er förmlich zwischen den Lagen hin und her... der pure Wahnsinn! Und dabei immer dezent im Hintergrund, während es Herr Iommi sichtlich genoss (vielleicht auch erwartete) mehrfach von Dio gelobpreist zu werden.
Nach „Time Machine“ und „Bible Black“ vom neuen Album kam ein Drumsolo... wer braucht denn das heutzutage, dachte ich. Es fing mit ein paar Buff-Buffs an, war sehr langweilig und dann erwartete Vinnie auch noch, dass die Leute in Ekstase geraten sollten. Hmmmm... Aber dann nütze er sein Bombast-Drum-Set (was ich in dieser Dimension noch nie gesehen habe: mind. 15 Toms rund herum, auch über Kopf!)
stand auf, drehte sich um und bearbeitete sein rig wie japanische Yakuzitrommler - WOW ! Das war allererste Sahne und das Volk rastete zurecht aus!
Dann gings weiter, kleine Nebeleinlagen, düster-rotes Licht, und unzählige Male die Pommesgabel (das Metaller-Erkennungszeichen) von Ronnie. Das Konzert hatte mich voll in Beschlag genommen als ich plötzlich rausgerissen wurde von Dio's Ansage, dass als nächstes „Die Young“ gespielt würde. War es der Song den ich im Kopf hatte? JA !!!! Boaahh, jetzt musste ich von Emotionen hin und hergeschüttelt mit den Tränen kämpfen - mit Abstand der großartigste Song in dieser Black Sabbath Konstellation. Und dann kam hinterher natürlich der namensgebende Song den ich doch früher so oft in meiner Lieblings-Heavy-Disco gehört hatte: „Heaven & Hell“. Als super-extended Version mit Mitsingteil und nochmal Soli. Dann noch mal kurz zurück für eine kleine Zugabe, „Neon Knights“, dann war Schluss nach 1,5 h.

Übrigens: die Höllenhunde wurden von der Bänd sträflich missachtet. Die Herren sind ruhiger geworden und zwischendurch mussten sie schmunzeln, was eindeutig ihrer Freude am Gig entsprang (und sogar ein, zwei kleinen Verspielern). Im Rentenalter muss man ja schließlich froh sein, wenn man noch so über die Bühne hüpfen kann, sein Instrument so trefflich beherrscht und mit einer großartigen Stimme die Magie einer längst vergangenen Zeit ohne Pathos wieder auferstehen lässt, wenn auch nur für einen Abend.

Die Setliste :

01. E5150
02. Mob Rules
03. Children of the Sea
04. I
05. Bible Black
06. Time Machine
07. Drum Solo
08. Fear
09. Falling off the Edge of the World
10. Follow the Tears
11. Die Young
12. Heaven & Hell
Zugabe:
13. Country Girl/Neon Knights

(von Micha, 15.06.09)



 

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