Fire! Orchestra   Echoes (VÖ 12.05.23 / Rune Gramofon)

 

Nach dem 2019er Album 'The Arrival' mit dem Orchestra und dem 2021er Werk 'Defeat' mit dem Trio Fire! kommt nun - schön im gleichmäßigen Rhythmus der letzten Jahre - Echoes, das siebte Album des schwedischen Fire! Orchestra. Die Liste der daran Beteiligten ist ziemlich lang: 36 Musiker*innen sind an verschiedensten Instrumenten zugange, unter anderem Geigen, Trompeten, Tuba, Flöten, Saxophone, Klarinetten - alle in unterschiedlichsten Versionen -, dazu Percussions, Piano, Synthesizer, Fender Rhodes, Banjo, Gitarre - für letztere ist übrigens Reine Fiske zuständig; schließlich gibt es noch vier Sänger*innen, die alles in allem das Orchester um die Fire!-Stammbesetzung Mats Gustafsson, Johan Berthling und Andreas Werliin an Saxophon, Bass und Schlagzeug bilden.

Beim ersten Hören von Echoes und zu Beginn einer längeren, eher klassischen Jäzzpassage, dachte ich: ups, war das zu schnell nach dem - wie ich finde - sehr genialen 'Arrival'? Gehen nun die Ideen aus oder gehts gar ans Glätten mancher Ecken und Kanten? Weit gefehlt - das ist schließlich ein Werk auf Doppel-CD bzw. 3-LP - aufgrund des sagenhaften Preisunterschieds von annähernd siebzig Euro (!!) habe ich diesmal etwas erschwerten Herzens zur CD-Version gegriffen - jedenfalls werden im Laufe der Spielzeit manch merkwürdige Eindrücke rasch wieder hinweg geschwemmt von unterschiedlichsten stilistischen Spielarten und Einflüssen und es bleibt bald nur noch atemloses Staunen.

Das ist weit mehr als Free Jäzz oder Modern Creative oder wie auch immer die Etikette lauten mögen. Hier trifft in oft klassisch symphonischen Arrangements traditioneller wie Free Jäzz auf Blues Groove und Flamenco-Rhythmen mit Soul in der Kehle; vermischt wird der Sound mit Elementen Neuer Musik, um abzuschweifen bis hin zum völligen Durcheinander der Instrumente in kakophonischen Noise-Attacken, worin der Ausgangspunkt für den nächsten Teil der immer wieder hypnotisierenden Reise liegt. Dazu gesellen sich ebenso Streicherklänge, die an Western-Soundträcks erinnern, wie auch Einflüsse aus Afrika - ein recht buntes Sammelsurium an Stilen und Spielarten haben Gustafsson und das Fire! Orchestra hier zusammengetragen und arrangiert.

So banal der Begriff 'Post' auch klingen mag und so überstrapaziert dieser Begriff in der Bezeichnung musikalischer Genres wie auch anderswo sein mag, so komplex ist doch seine tatsächliche Bedeutung. Und im Falle von Echoes fällt mir - suche ich nach einer Benennung oder Einordnung des Gehörten - nichts anderes ein, als Post-Jäzz. Echoes bildet in seiner Attitüde kwasi die gesamte gesellschaftliche Postmoderne ab, kann als eine in Sound gefasste Abstrahierung des Lebens im frühen 21. Jahrhundert interpretiert werden, als dessen akustischer Wiederhall; manchmal verstörend, manchmal hybrid bis zur Undefinierbarkeit, immer unberechenbar und schon gar nicht eindeutig zurechenbar oder annähernd genau einzuordnen. Und ist immer wieder gespickt mit Melodien, fast lieblichen Tönen, Motiven, die nicht mehr aus den Gehörgängen wollen und regelmäßig eine wahrlich glänzende Schönheit ausstrahlen.

Auch wenn ich dieses große Opus längst noch nicht ganz überblicken kann: Echoes ist eine fulminante Zelebration von Musik in vierzehn Akten und mit annähernd zwei Stunden ein wahrlich opulentes Meisterwerk!! Großartig!!

23.05.23

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