Ezra Furman  Perpetual Motion People (VÖ 3.07.2015 / Bella Union/ Rough Trade)

 

Alles fing ganz harmlos an: Nichts ahnend zufällig eine Rezension gelesen, das Gelesene als interessant befunden, Zeit und Geld geschnappt und zum Plattendealer des Vertrauens geschlappt. Und jetzt, jetzt jagt mir seit fast drei Monaten ein Ohrwurm dieser Platte nach dem Anderen durchs Ohr... Ja, es geht hier grad um nicht weniger als DIE Sommerplatte des Jahres. Auch wenn das Anfang Oktober vielleicht ein bissl spät verkündet wird. Nun gut. Aber es wird ja bestimmt mal wieder Sommer und dann - und bestimmt nicht nur dann - lässt sich der Knabe mit dem verschrobenen Organ sicherlich immer noch gut hören.

Beim ersten Auflegen der Nadel auf das blaue Vinyl macht sich erstmal etwas Verwunderung breit. Fetzige Klänge dringen da aus den Boxen, scheinbar direkt aus den Fünfzigern rübergebeamt, die nach einer Verschmelzung aus Doo Wop und Rock'n'Roll anmuten. Zunächst, das gebe ich gerne zu, hat mich insbesondere die Stimme überzeugt, während sich die Musik etwas gewöhnungsbedürftig für mein Gehör anlässt. Aber es macht Spaß und bald will ich die Platte immer und immer wieder hören. Im Lauf der knappen dreiviertel Stunde kreuzt der in Chicago geborene und in New York lebende Musiker dann auch so alles Denkbare und Mögliche miteinander, es stolzieren Singer/Songwriter-Folk, Country, angepunkter Indie-Rock mit Pop-Appeal über den allgegenwärtigen Doo-Wop-Laufsteg und tragen eben immer wieder sich ins Ohr klemmende Melodien mit sich; vorgetragen von einer Stimme, die fast lakonisch mal Melancholie verbreitet, mal trotzig Missstände hin-ätzt, offenbar viel mit sich selbst beschäftigt ist und gerne die Welt daran teilhaben lässt. Ezra Furman's Bänd, The Boy Friends, ist stets nicht weniger als großartig bei ihrem Sänger. 

"Dieses Album ist für Leute, die sich nicht zu Hause fühlen auf der Welt. Leute wie mich, die keinen Ort haben, wo sie bleiben können und sagen: Hier gehöre ich her" sagt der neunundzwanzigjährige Künstler, der sich als nicht gender-konform bezeichnet, im Deutschlandfunk-Interview (guck hier). Und wer tut sich nicht hin und wieder schwer, diese Welt als seine Welt verstehen zu können...? Wie dem auch sei, in dieser Platte kann sich meines Erachtens ziemlich schnell zuhause gefühlt werden und auch beim was-weiß-ich-wie-vielten Durchlauf wird noch Neues entdeckt. Ganz dicker Tipp!!

Als schwer zu benennde Reinhörtipps unter den dreizehn ohne Füller oder Ausfall auskommenden Stücken des Albums entscheide ich mich jetzt mal, den Opener "Restless Year" zu empfehlen, weiter "Hour of Deepest Need" sowie "Ordinary Life" - den Sommerhit schlechthin - und "Can I Sleep in Your Brain". Für wen da nix dabei ist, dem kann ich nun leider auch nicht helfen...

 

1.10.15

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