EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN   Rampen  VÖ 5.04.24 / Potomak

 

Nach meinen beiden Konzertbesuchen bei EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN vor knapp zwei Jahren fiel mir jeweils auf, dass jedes Mal auf der Setliste eines der Zugabenstücke, das ich zuvor beim Hören so gar nicht zuordnen konnte, mit dem mir völlig unbekannten Titel „Rampe“ notiert war. Ich dachte damals, dass das mir unbekannte Stück eben so hieße. Nun heißt das Anfang April erschienene neue Werk der Berliner Avantgarde-Feuilleton-Ex-Industrial-Lärm-Krach-Kunst-Punks, nur gute drei Jahre nach dem letzten Album, genau so: Rampen. Na gut, im Plural halt…

„Rampe“ – so weiß ich jetzt, nennt das Quintett ein live improvisiertes Stück, das – mit oder ohne Mitschnitt – später im Studio aufgegriffen und weiter bearbeitet wird. Blixa Bargeld erklärt im beiliegenden Textblatt auf dem Innencover, diese auf Setlisten so betitelten Stücke seien „im Sinne von Abschussrampe“ zu verstehen und dass dies schon eh und je eine Vorgehensweise der Bänd beim Songwriting sei. Improvisationen also, oder Live-Jäms, die danach zu Kompositionen werden. Von den fünfzehn Stücken des aktuellen Doppel-Albums sind vierzehn auf solche Art kreierte Lieder in der nun elaborierten Version zu hören. Der einzig andere, „Planet Umbra“, passierte gemäß Liner-Notes im Studio während der Arbeit zu diesem Album. Eine kwasi Studio-Rampe ist also das mit annähernd neun Minuten längste Stück auf Rampen. Und für mich nach einigen Durchgängen leider eines der schwächeren, vielleicht das schwächste überhaupt.

Allerdings muss ich dazu auch bemerken, dass mir das designerisch ganz in gelb gehaltene Werk vom ersten Hören an verdammt gut gefällt, die Messlatte also sehr hoch liegt und schwächer dann eben nicht schwach bedeutet…

Änywäy – die Stücke variieren, noch mehr als beim letzten Studio-Album ‚Alles in Allem‘ aus 2020, zwischen dem Vortrag vertonter Gedichte und, wie üblich, sehr unkonventionell und kreativ instrumentierten und stets kunstvoll arrangierten Songs. Im Hintergrund und alles zusammenhaltend gibt der Bass so ziemlich durchweg die Linie vor; Alexander Hacke gibt das Geländer, an dem entlang alle sicher gehen können, während jede Menge klassischer NEUBAUTEN-Geräuschattacken und percussive Klänge auf Basis unterschiedlichsten Instrumentariums manchmal fast schon umeinander wüten – aber immer wohl dosiert!! Konventionelles Instrumentarium wie erwähnter Bass, außerdem Piano, Orgel, Gitarre – letztere gar einmal in akustischer Version – gibt es ebenso, wie verschiedenste Arten, meist auf Metallgegenständen durchgeführte Percussion, Trommeln, Elektronik, Synthesizer, Stimm-Performänces. Und das ist nur ein Teil von dem, woaus die angemessene Kulisse für Bargelds Textvorträge besteht, der wiederum mit ihm typischen Sprechgesang mittels mehr Sprechen als Singen intoniert. Nach dem sehr auf Berlin fokussierten Vorgänger sind die Texte in ihrem Spektrum wieder deutlich ausgeweitet und – ebenfalls wie üblich – voll von großartigen Metaphern. Mein Favorit hierbei ist im Song „Isso Isso“ die wunderbare Zeile „Ich seh’ irrlichternde Träume wandeln“ – einfach großartig!!

Alles in Allem ist Rampen ein sehr gelungenes Werk, das sich auch für Neulinge im Kosmos der Bänd ziemlich gut eignet, weil es die leichtere Zugänglichkeit der jüngeren Werke ausgezeichnet mit den ungestümen Anfängen, die häufig dezent im Hintergrund zu erkennen sind, zu verbinden weiß. Daran werde ich sicherlich wieder sehr lange Freude haben!!

8.05.24

Unbedingt reinhören über die von den Neubauten angebotenen Streams nach Wahl – guck DA

P.S.: Einen Schwachpunkt außerhalb des klanglichen Bilds möchte ich zuletzt doch noch anmerken: Die limitierte LP-Version hat außer dem durchaus schicken gelben Vinyl nichts zu bieten, was den ziemlich deutlichen Aufpreis gegenüber der klassisch schwarzen Version rechtfertigen würde: Portraitfotos der fünf Protagonisten und ein Poster – das wars!! Und nichtmal ein freier Download des Albums oder CD ist mit dabei. Das ist schade!!

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