Das Wintermärchen (William Shakespeare) 17.12.23 Theater Freiburg, Grosses Haus

 

Nachdem ich leicht entnervt vor einigen Wochen eine Theatervorstellung in der Pause verlassen hatte, habe ich diesmal durchgehalten. Und nicht nur das, ich fühlte mich durchaus gut unterhalten – wenn ich auch nicht behaupten möchte, sämtliche Intentionen Herrn Shakespeare’s in Gänze verstanden zu haben…

Jedenfalls ging es im Plot, der sich in der Antike in Sizilien und Böhmen zutrug, um einen König, der eigentlich hätte ganz zufrieden sein können: Seine Untergebenen waren ihm wohl gesonnen und dienten ihm brav; sie ehrten ihn und feierten mit ihm und seinen Gästen. Sein kleiner Sohn zeigte sich vergnügt beim Spielen, seine Frau, welche ihm derweil rund und fleißig ein zweites Kind austrug, war ihm stets treu und tat, wie ihr geheißen und hatte mitnichten Schabernack im Sinne. Und materiell reich war er sowieso.

Aber wie das so ist mit manch Reichen und Mächtigen, irgendwann flippen sie aus und verfallen dem Wahn. So auch Leontes, der urplötzlich Verschwörung witterte und seine Frau bezichtigte, ihn mit einem seiner ältesten Freunde, Polixenes nämlich, dem König von Böhmen, betrogen zu haben und nun dessen Kind in ihrem Leib gedeihen wähnte.
So weit, so bescheuert – nix konnte den König von seiner fantasierten Meinung abbringen, nicht Zureden und Argumente, keine Beteuerungen oder Beweise und auch nicht das Orakel von Delphi, das die Gattin von aller Schuld frei sprach. Also nahmen die Dinge ihren unglücklichen Lauf: Die Ehefrau landete im Kerker, wo sie gebar; das Neugeborene wurde ausgesetzt, mit Freunden überwarf sich Leontes mehr und mehr. Schließlich starb seine ehemals Liebste und kurz darauf auch sein Söhnchen, ob des Kummers über den Verlust seiner Mutter.

So war der erste Teil des dreistündigen Stücks recht unheilvoll, entsprechend der Bühnenaufbau in schwarz und weiß gehalten, mit häufig düster anmutenden musikalischen Einspielungen. Doch fehlte auch der Witz bei aller Dramatik nicht, die Spielenden hatten offenbar viel Spaß, obwohl ein paar von ihnen kurzfristig wegen Krankheitsausfällen eingesprungen und daher auf Textblätter in den Händen angewiesen waren. Doch gerade letzteres brachte nach der zwanzigminütigen Pause im zweiten Teil, der ziemlich klamaukig gehalten war und damit sehr kontrapunktig zur ersten Hälfte stand, eine eigene spielerische Dynamik ins Bühnengeschehen, die mehrmals für Szenenapplaus sorgen konnte. Diese Wendung, auch optisch nun wesentlich bunter gestaltet, entsprach wohl nicht selten, wie ich mir danach sagen ließ, dem Zeitgeist zu Shakespeare’s Epoche, als die Unterhaltungsbranche noch weniger überbordend war, als heute. Die Leute wollten unterhalten sein und bekamen dies…

Am Ende der Geschichte jedenfalls gab es, nach vielen Irrungen und Wirrungen, ein Häppy End für die nun verliebte, nach Geburt verstoßene und damals glücklich gerettete Königstochter, das für die Zuschauenden jedoch sogleich wieder hinweg gefegt wurde, als im letzten Akt klar wurde, dass sich manches nur im fiebrigen Wahn des unsäglich tyrannischen Herrschers ereignet hatte.

Natürlich ist dies eine sehr kurze Zusammenfassung der drei Stunden großartigen Schauspiels, doch möchte ich mich hier nicht in Deutungen und Interpretationen üben, um mich umgehend als Banausen zu outen, sondern lieber kundtun, dass ich das Stück als beste Werbung fürs Theater erleben durfte: Kurzweilige Unterhaltung und gutes Schauspiel, eine insgesamt sehr gelungende Inszenierung, bei welcher in der zweiten Hälfte gar ein kleines Orchester immer wieder live gespielt hat; mal auf einem Wagen auf der Bühne, mal in einer Reihe über die Bühne gehend und auch einmal durchs Publikum streifend. Diese clevere Ablenkung der Zuschauenden nutzten die Leute auf der Bühne, um geschwind die Requisiten zu ändern. Sehr schlau, das!!

Nachdem sich der Vorhang vor dem nun einsamen, mit erhobenen Händen und entsetzt schauend in der Bühnenmitte stehenden König zum letzten Mal gesenkt hatte, gab es mehrere Minuten lang hoch verdienten Applaus für die etwa zwanzig beteiligten Personen – inklusive sechsköpfigem Orchester und einiger Statist*innen, die zwischendurch sehr belustigend als Schafe oder Bär unterwegs gewesen waren. Und mir bleibt vor allem die Erkenntnis: Theater – könnte man öfter mal machen…

21.12.23

Ein paar mehr Infos, Bilder und einen Trailer sowie einige weitere Termine gibt’s HIER

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