Poetry-Slam 24.01.17 Freiburg, Messe/Empore im Zentralfoyer
Vor vielen Jahren war ich im hiesigen Café Atlantik bei einem Poetry-Slam zugegen - damals noch moderiert von Sebastian 23, der nunmehr Karriere in der Branche gemacht hat und mittlerweile einer der bekanntesten Slämmer Deutschlands ist. Damals hab ich gedacht: So wo geh ich nie mehr hin!! Nicht, dass es nicht unterhaltsam gewesen wäre, aber es hatte mit dem Wettbewerbscharakter für mich denselben unsäglichen Beigeschmack wie Bändcontests. Und hier muss ich mich einfach mal kurz selber zitieren: "[Ich möchte] auf Platzierungen und Ähnliches verzichten, denn [...] Platzierungen wie Tabellen gehören dann doch eher in den Bereich des Sport..." (zit. aus: Musikalischer Jahresrückblick 2016 auf dieser Seite). Nun begab es sich während der neuerlichen Eiszeit, dass ich als Begleiter eines Karteninhabers zu diesem Event auserkoren wurde. Wieso nicht, dachte ich mir, bist ja soooowas von offen... - also gings los, durch die frostverbeulten Straßen Freiburgs, ab zur Messe... ich war gespannt!!
Der Släm fand im Rahmen einer Kleinkunstmesse statt, was bei Betreten der Halle unschwer erkennbar war und wie Moderator Felix Römer zum Auftakt der Veranstaltung kundtat, während er zunächst auszuloten versuchte, wie viele der etwa vierhundert Anwesenden im gut gefüllten Saal der Empore im riesigen Messerund schon mal einem Släm beigewohnt hatten und wie viele eher zufällig da waren, weil sie etwa am Arbeiten waren. Nun, die meisten waren mit dieser Art Veranstaltung vertraut. Nichtsdestotrotz erklärte er flugs die Regeln, nicht ohne auf den Hinweis zu verzichten, dass er dem Wettbewerbscharakter - meine Seele lächelte zufrieden - eher abgeneigt sei. Schön, das zu Beginn zu hören. Noch schöner die an Römers einleitende Worte anschließende Eröffnung des Abends, durch einen Slämmer, dessen Name mir leider entfallen ist, welcher mit eigens für diese fünf Minuten geliehener Gitarre ein Liedchen zum Besten gab, in welchem textlich so manche Unwägbarkeit des alltäglichen Lebens höchst amüsierend thematisiert wurde.
Danach gings los mit dem eigentlichen Släm. Es traten drei mal zwei Autor*innen an und gaben nacheinander ihre Texte zum Besten. Nach jeweils zwei Performances entschied der Moderator mittels lauteren Beifalls des Publikums, wer von beiden in die nächste Runde durfte. Die vorgetragenen, mehr oder minder filigranen Texte, gefielen mir unterschiedlich gut, kann sie jedoch durchweg als kreativ und unterhaltsam bezeichnen, egal, ob es ums Küssen ging oder um die Oma eines Slämmers, um das fiktive Dirigieren von John Cage's "4:33" (das Stück, das ausschließlich aus Stille besteht) oder um aus der Ferne beobachtete Beziehungskisten, um Ernährungsgewohnheiten oder fiktive Dialoge hierüber oder die Angst des Schützen beim Elfmeter. Ebenso wie in ihrer Art unterschieden sich die Vortragsweisen, mal lakonisch, mal beherzt, mal karikierend und mal anrührend, so dass in der Tat niemand zu Recht ausscheiden musste oder zu Unrecht weiter kam. Die weiter Gekommenen durften einen zweiten Text präsentieren, die Ausgeschiedenen hatten Feierabend, kamen erst zum Abschluss des Abends zurück auf die Bühne, wo sich alle Beteiligten feiern lassen durften.
So konnte der Abend unterhalten, lediglich eine kleine Abrundung hat mir gefehlt; sei es nun ein weiterer Text des Gewinners oder von den anderen Autor*innen, oder - von mir am ehesten bevorzugt - zum Abschluss noch ein Liedchen des Eröffnenden. Sei's drum, mein Karteninhaber und ich hatten bequem im Warmen sitzend eine durchaus ansprechende Veranstaltung erlebt und rundeten den Abend mit einem Bierchen an anderer Stelle eben eigenständig ab...
Statt Setliste diesmal die namentliche Erwähnung der Teilnehmenden:
Leticia Wahl, Laurin Buser, Julian Heun, großraumdichten (Anm. d. Redaktion: ein gemischtgeschlechtliches Duo, das sich laut Plakat klein schreibt), Sandra Da Vina, Philipp Scharrenberg aka Scharri
30.01.17