Da ich nie über ältere Geschwister verfügen konnte und meine Eltern faktisch wie praktisch noch nie einen Musikgeschmack hatten ('tschuldigung, aber is' so...), musste ich mich musikalisch selbst sozialisieren. Dies funktionierte seinerzeit insbesondere über Radio und - ab den frühen Achtzigern - mittels einer Musikvideosendung namens Formel 1...
Dort stieß ich in meinen Teenagerjahren auf einen Song namens "Such A Shame" von einer britischen Bänd namens Talk Talk. Nicht nur, dass mir der Song, der aus dem Soundträck meines Lebens nicht rauszuschneiden ist, gefiel (und bis heute gefällt), insbesondere die lakonisch-freakige - zu jener Zeit völlig aus gängigen Mustern fallende - Performance des Sängers Mark Hollis faszinierte mich. So freute ich mich ein ums andere Mal, wenn ich wieder etwas Neues von dieser Bänd zu hören und sehen bekam, intensiv verfolgt habe ich Talk Talk jedoch nicht. Irgendwann waren sie weg - oder ich war weg, egal. In den späten Neunzigern kaufte ich mir aus nostalgischem Antrieb mal eine Remix-CD mit extra langen Versionen ihrer paar Chart-Klassiker. Erst viel später, vor nunmehr vielleicht sechs oder sieben Jahren, bekam ich dann endlich mit, was für eine Karriere die Bänd hingelegt hat. Oder vielmehr eben nicht hingelegt hat:
Nach gerade mal drei Alben kehrten die Musiker um Mark Hollis der verkaufsträchtigen Chart-Welt den Rücken zu und nahmen binnen vierzehn Monaten irgendwann 1987/88 in einer Kirche in Suffolk ein vom Mainstream völlig ignoriertes, dabei ebenso großartiges wie richtungsweisendes und künstlerisch auf höchstem Niveau angesiedeltes Werk auf. Von Pop-Kritikern wurde und wird dies im Nachhinein gar als Vorwegnahme des ab den späten Neunzigern auftauchenden Post-Rock bezeichnet: 'Spirit of Eden'.
Diesem wohl zeitlosesten aller Klassiker - den ich um ein Haar sogar einem wirklich guten Freund geklaut hätte, mich dann aber doch fürs Gedulden und selber kaufen entschied -, folgte noch das mir weniger bekannte 'Laughing Stock', ehe sich Talk Talk 1991 auflösten.
Hollis veröffentlichte 1998 noch ein Soloalbum, nach welchem ich mich nach dem Entdecken von 'Spirit of Eden' immer mal wieder umschauen wollte, es aber bis heute nicht getan habe. Ansonsten hatte er sich komplett aus der Musikwelt und deren Öffentlichkeit verabschiedet. Am 25. Februar ist der Songwriter mit der ungewöhnlichen Stimme im Alter von 64 Jahren gestorben. Jetzt lebt er in einer anderen Welt - Rest in Peace, Mark Hollis!!
11.03.19
P.S.: Kurz vor Fertigstellung dieses Textes habe ich mir die beiden erwähnten Alben endlich beim Händler meines Vertrauens bestellt...
zum Video "Such A Shame" auf ju-tjuub