Kristof Schreuf 8.04.11 Freiburg, Slow Club
Kommunikation ist sinnvoll. Natürlich!! Es gibt wohl nahezu nichts, worüber nicht mit einigermaßen Sinnbehaftung geredet werden könnte. Gering hingegen bleiben die Erkenntnisse, wenn man über die Zukunft zu reden versucht. Hier gehe ich vollends konform mit Kristof Schreuf, dessen Darbietung ich in den folgenden Zeilen zu beschreiben versuchen werde.
In karotten-farbenem Hemd stand er auf der Bühne, ganz alleine, behängt mit seiner Fender-Stratocaster-Gitarre. Als Eröffnungsstück intonierte er The Who's "My Generation", was denn auch ziemlich anders klang, als man das Stück bereits zur Genüge kennt. Sehr zurückgenommen, in weitaus mehr zitierter als nachgespielter Form, wurde diese recht chanson-eske Version dieses Klassikers aufgebühnt. In diesem Falle kam selbst die Gitarre nur sporadisch zum Einsatz. So benötigte es ein wenig Zeit, sich in den folgenden etwa hundert Minuten an die durchweg sehr eigenwilligen Versionen der Songs aus unterschiedlichsten Sparten zu gewöhnen, die häufig nur am Text erkennbar blieben. War man jedoch bereit, sich diese Zeit zu nehmen, wurde man mit so manchem Zuckerl belohnt. Insbesondere ist mir hierbei die Version von AC/DC's "Highway To Hell" in Erinnerung, welchem genau an der Stelle, wo einem grade das Youngsche Gitarrensolo im Ohr erwachen mochte, ein nahtloser Übergang zu "Bourgeois With Guitar" geschaffen wurde, dem Titelstück seines aktuellen Albums. Sehr schön, das!!
Dann wiederum spielte er Stücke oder Passagen, bei welchen die vorgetragenen Texte beinahe improvisiert wirkten. Selten war konkret erkenntlich, ob es sich einfach nur um Wortspiele handeln, oder tatsächlich doch irgendwo ein tieferer Sinn lauern sollte. Am ehesten vermutete ich als Intention des Hamburgers die schlichte Verwirrung des Publikums. Herr Schreuf bediente sich derweil ebenso gerne der deutschen wie der englischen Sprache - oder machte einfach einen Mix aus beiden. In imaginärer Mitschrift der mir vertrauten Lieder habe ich "A Walk In The Park" (wer auch immer das war...), nochmal AC/DC mit "Let There Be Rock" und aus dem Zugabenteil Fehlfarben's "Ich mag Dich" sowie "Rockin' In The Free World" vom guten alten Neil Young. In anderen Stücken wurden u. a. "Ride Like The Wind" (Chris Cross vielleicht??) und "Don't Let Me Be Misunderstood" zitiert, von welchem ich insbesondere die Interpretation des kürzlich verstorbenen Gary Moore noch im Ohrgeknöche hängen habe.
Selbstverständlich fehlten weder Songs seiner alten (und vielleicht auch wieder auflebenden?) Bänd Brüllen, noch hielt er sich mit immer wieder dozierenden Ansprachen an die etwa fünfzig Zuhörer zurück. Sei es über die ihn so nervende Angewohnheit mancher Menschen, über eine düster gemalte Zukunft zu reden, den Aufstand in der arabischen Welt, oder einfach nur über so genannte Entertainer wie Mario Barth und Till Schweiger - Schreuf hat gerne seine Sicht der Dinge. Wobei ich bei letzteren beiden doch reichlich erstaunt war, dass sich jemand wie er nicht selbst zu schade dafür ist, sich überhaupt mit auf solchem Niveau angesiedelten - ähem: Entertainern (oder so) - zu befassen. Sein Lieblingsthema allerdings schien das Bedauern darüber zu sein, dass man sich seiner Ansicht nach heute als Künstler nicht mehr anmaßen dürfe, arrogant zu sein.
Charmant verwirrt zeigte sich der zweifellos sehr gute Sänger darüber, dass das Publikum nicht in regelmäßig überschwänglichen Jubelstürmen auszurasten drohte, sondern, wie Schreuf dies bezeichnete, eher in "nordkoreanischer Zurückhaltung" applaudierte. Was also erwartet jemand, der überwiegend ruhige Musik spielt und daneben nicht selten über zum Nachdenken anregende Themen philosophiert? Massen-Pogo oder was? Anyway, sowohl Künstler wie Publikum hatten offensichtlich nicht wenig Spaß an der Darbietung und somit einen unterhaltsamen, bereichernden Abend in sommerlich-südbadisch entspannter Atmosphäre verlebt.
12.04.11