Hedvig Mollestad Weejuns VÖ 13.10.2023 CD / 8.09.23 LP Rune Grammofon
Auf dem vor gut einem Jahr erschienenen Album ‚Downpour‘ von Kanaan aus Oslo, stieß ich auf den Namen einer norwegischen Gitarristin, die bei einem Stück dort als Gastsolistin zu hören ist (siehe unter Heißer Scheiß – Post vom 7.04.23). Das von ihr gespielte Solo klang so geil, dass ich dachte, den Namen merkst du dir mal schön und schaust bei Gelegenheit, was die Dame sonst so macht. Und das ist einiges…
Das letzte von Hedvig Mollestad bis dato veröffentlichte Werk heißt Weejuns – was auch immer das bedeuten mag. Und hier spielt ein weiterer bekannter Name aus der skandinavischen Free-Jäzz-Szene eine Rolle: Ståle Storløkken, der vor mehr als einer Dekade ein Album, eine Tour und ein Live-Album mit Motorpsycho machte und ansonsten bei Elephant9 und Supersilent beschäftigt ist. Zuletzt konnte ich noch herausfinden, dass der Motorpsycho-Gitarrist Hans Magnus Ryan als einer der wesentlichen Einflüsse der Saitenbearbeitung von Hedvig Mollestad gilt, die unter eigenem Namen als Trio, wie auch in anderen Projekten – etwa mit Mads Gustaffson von fire! – musikalisch recht umtriebig ist. Aber nun genug des Fallenlassens von Namen und zum Album:
Weejuns ist ein Live-Mitschnitt eines Konzerts des Trios um die Ausnahmegitarristin aus 2022, das sich über annähernd achtzig Minuten erstreckt. In dieser Zeit werden sechs Songs performt, die sehr stark an improvisierende Live-Darbietungen denken lassen. Im Verlauf des Albums werden in sehr dynamischer, spielerisch wie stilistischer Abwechslung, weitreichende Spannungsbögen aufgebaut, die von laut nach leise und von schnell nach langsam, bis hin zu atmosphärischen Ambientklängen, bewegen. Rock- und Psych-Rock-Klänge sind genauso zu hören wie – natürlich – Elemente des Jäzz; in klassischer Form, in Fusion-, Hybrid- oder Free-Jäzz-Gewändern. Hinzu kommen höchst stimmungsvolle Passagen, die fast nach einer Mischung aus Soundträck und Progrock aus den Siebzigern klingen und auch noisy Passagen fehlen nicht.
Mal jäzzt die Orgel freestyle, während die Gitarre ein blues-rockiges Solo im Hintergrund gniedelt, unterlegt von Drums, die wohldosiert wirrenden Rhythmen folgen und sie dazu gleich noch unterstreichend unterfüttern. Dann wieder haben die Drums lange Lead-Passagen, während sich Gitarre und Orgel im Wechsel in Noise-Orgien duellieren. Und immer wieder kommen lange, ruhig-zurückgenommene Breaks, mal entspannend, mal experimentell, um den sehr reichhaltigen Wahnsinn nicht allzu stark überborden zu lassen.
Das alles spielen genau drei Leute: Mollestad ist ausschließlich an der Gitarre zu Werke, Ole Mjofell an den Drums, während Storløkken Orgel und Synthies für sehr viele unterschiedlich klingende Soundteppiche nutzt. Sehr, sehr geil, das!!
Unüberhörbar ist die bei diesen Aufnahmen durchweg überbordende Spielfreude des Trios, sicherlich sehr interessant und bereichernd für alle, die genug gestählte Hörnerven besitzen, sich auf solch klanglich manchmal sehr infernalische Spektakel einzulassen!! Ich denke mal, ich bin längst nicht fertig mit dem Schaffen dieser Künstlerin…
2.06.24
Probiert mal aus: HIER zum Hören ohne Bilder oder bebildert DA