Black Mountain                   27.09.10  Berlin, Festsaal Kreuzberg

 

Als passionierter Konsument live gespielter Musik folge ich freilich gerne den Lockrufen mir unbekannter Bänds wie Lokalitäten. So trugen mich des Lebens große Flügel während einer neuerlichen Visite der Hauptstadt gleich am Abend der Ankunft mitten in eine solche Verlockung hinein. Dort angekommen dürften sich allein ob der unbestreitbaren Schönheit des Veranstaltungsortes bereits Kleckse der Entzückung auf meinen Bäckchen breit gemacht haben...

The Morlocks hingegen waren bei meinem Erscheinen im Saal schon in der Schlussphase ihres Sets angelangt, so dass mein werter Begleiter und ich gerade noch die letzten drei oder vier Stücke mitbekommen konnten. Musikalisch klangen die fünf sehr nach Rock'n'Roll in unterschiedlichen Lagen, derweil mich der Sänger stimmlich wie optisch in winzigen Nuancen an den unvergessenen Joey Ramone erinnerte. Immerhin war mir das finale Stück ihres Sets geläufig, nämlich eine recht gelungene Interpretation eines viel gecoverten Bo-Diddley-Liedes: 'Who Do You Love'. Hiernach bleib etwas Zeit, die Räumlichkeiten zu erkunden und z. B. einen Blick vom den Raum umringenden Balkon zu werfen, während dessen nach und nach Menschen ins Innere plätscherten, bis dies mit ca. vier- bis fünfhundert Besuchern gut gefüllt war.

Gegen viertel nach zehn verdunkelte sich der Ort des Geschehens. Von der Bühne erklang ein Intro vom Band, bestehend aus sich stetig steigernden, afrika-esk getünchten Trommelklängen und Gesängen, bis ich glaubte, jeden Moment könne eine Trommelmannschaft aus Afrika die Bretter betreten. Nach einigen Minuten verhallte dies in gezogenen Tönen und Nebelschwaden verdichteten die Bühne. Black Mountain formierten sich hierin gemächlich, bevor sie krachend ihr progressives Psych-Hard-Rock-Set starteten. Mehr an Inszenierung gab es in den folgenden gut zwei Stunden nicht mehr; das kanadische Quintett ließ vielmehr die Musik für sich sprechen, während die Darbietung eher lakonisch anmutete. Am Gesang wechselten sich Gitarrist (bei ein oder zwei Stücken auch mit der akustischen zugange) und Sängerin schön einander ergänzend ab, häufig durch den Basser und den Schlagzeuger vokal unterstützt, während der Synth-Keyboarder mit seinem Sound nicht selten in ausgiebigen Instrumentalpassagen Doppelpässe mit dem Sechssaiter zelebrierte. Die gelegentlich komplexen Stücke schwenkten gerne zwischen ruhig und atmosphärisch nach rockend und lärmend, wobei grade bei lauteren Anteilen die unermüdlich rollende Rhythmussektion hervorzustechen wusste.

Mutmaßlich entstammten die meisten Stücke wohl dem pressfrischen Werk "Wilderness Heart", einziger Song, welchen ich erkannte, war 'Set Us Free', vom einzigen mir in Maßen geläufigen, selbstbetitelten Erstling. Die für meinen akustischen Gaumen delikatesten Momente waren jene, wenn Einzel-Gesänge bzw. solierende Instrumente in einer Art Staffellauf die Führung weiter reichten, sowie Refrains in drei- bis vierstimmige Gesänge mündeten. Diesem Genuss förderlich zeigte sich die Bewandtnis, dass über weite Strecken ein ausgezeichneter Sound im Festsaal herrschte; gegen Ende war es leider mit der Lautstärke (zum Nachteil der Qualität) nur zu gut gemeint und es tönten des Öfteren unerwünschte Rückkoppelungen aus den Boxen. Besonders störend auf wie vor der Bühne waren diese bei einer ausführlichen Ansage des Bassisten, als dieser in der Verlängerung das Publikum zwischen zwei Songs wählen ließ, bevor im epischen 'Bright Lights' abschließend noch einmal eindrücklich sämtliche Facetten der Bänd zelebriert wurden.

In der Essenz bleibt somit ein zwar recht ansprechendes Konzert, gebettet in einen klanglich wie baulich sehr schönen Rahmen, dargeboten von einer durchweg versierten  Bänd, die es jedoch aus mir unerfindlichen Gründen nicht schaffte, ihrer Bühnenpräsenz einen den sonstigen Gegebenheiten entsprechenden Spannungsbogen einzuflechten. Meinem Gefallen an der Live-Musik tat dies keinen Abbruch, zumal Spaß auf der Bühne deutlich zu erkennen war, in der Gesamterscheinung fehlte mir leider die nährende Würze für den letztendlich entfachenden Funken.

3.10.10

zu Teil II

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