ALBINOBROTHERS & GLABRE 3.10.24 Freiburg, Slow Club
Nach einem außergewöhnlichen Konzertabend letzten Donnerstag im Slowclub fiel mir mal wieder eine vor geraumer Zeit getätigte Aussage eines gewissen Herrn Mozart ein: Demnach sei die Stille zwischen den Tönen genauso wichtig, wie die Musik selbst. An besagtem Abend konnte diese Weisheit sehr eindrücklich überprüft und danach widerspruchslos als verifiziert abgenickt werden. Genickt werden konnte zuvor aber noch zu Beats und so …
GLABRE eröffnete, nachdem der Vorhang die Bühne entblößt hatte, wortlos das Programm. Er ließ auf seiner akustischen Gitarre einen tiefen Ton zunächst einfach klingen, während er gelassen in der Hocke am Boden an den Knöpfen von Loopstations und Effektgeräten herumschraubte. Und irgendwie hat das schon gereicht, um bei mir landen zu können. In der folgenden gut dreiviertel Stunde war aber nicht nur viel Technik zur musikalischen Untermalung der Songs im Einsatz, es war ebenso ein Lehrstück für gesangliche Akrobatik: GLABRE beherscht das gesamte stimmliche Spektrum – vom klassischen Operngesang bis hin zum Growling!! Und das nicht selten binnen weniger Textzeilen im Wechsel!!
Zudem unterstrich er die Stimme durch Mimik und an Pantomime erinnernde Tanzschritte, wusste seine Darbietung somit einem Ein-Mann-Theaterstück gleich zu gestalten, was dem Auftritt eine selten zu erlebende Dramaturgie zukommen ließ – sehr geil, das!! So war – inklusive Zugabe rein akustisch vor der Bühne direkt im Publikum – eine sehr intensive, etwa knappe Stunde zu erleben, in welcher der akustische Sechssaiter auch mal etwas angezerrt klang oder gar schön sakral wie eine Orgel tönte, indes die Songdynamiken binnen weniger Minuten nicht selten ein ziemlich umfangreiches emotionales Spektrum abzubilden wussten. Faszinierend war vor allem der gesangliche Teil der Performänce: GLABRE verfügt stimmlich über ein schier unfassbares Spektrum, das sich von Oper bis Growling erstreckt und nicht selten innerhalb eines einzigen Songs zum Zuge kam.
Zwischen den Songs gab es stets Ansagen und Erklärungen zu denselben, wenn der Künstler nicht grade auf erfundenen Wahrheiten basierende Geschichten erzählte. Alles in Allem war das ebenso eindrucksvoll wie unterhaltsam und ganz nebenbei auch noch richtig große Kunst!!
Nach kurzer Pause zum Durchatmen und Umräumen der Bühne starteten die ALBINOBROTHERS ihr Set. Die beiden spielten zu Beginn mehr als zwanzig Minuten ohne Pause oder Innehalten durch, stiegen vom Ausklingen des einen bereits in den nächsten Song ein, während das Publikum ebenso gebannt wie zuvor zuhörte und auch nicht willens war, die hier gleichsam binnen kurzer Zeit geschaffene Atmosphäre hoher Intensität mittels Applaus zu unterbrechen.
Gitarrist und Sänger Tobias Werner arbeitete seinerseits viel mit Loops und Effekten, spielte Riffs wie melodiöse Anteile der Gitarre nach und nach konzentriert ein, stets unterstützt von Ronny Wunderwalds sehr variablem Schlagzeugspiel, der von wuchtigem Antrieb bis zu sanftem Kratzen an den Becken mit so einigen Registern aufwarten konnte.
Nicht selten klang der Sound, als entspränge er einem kleinen Gitarren-Orchester, das seinen Sound mal mehr und mal weniger wild durch den Raum schickt; von maximal reduziertem und gemächlichem bis hin zu extrem schnellem Spiel. Lange instrumentale Passagen gingen wohl punktiert in Melodien über, deren gesangliche Parts von Werner sehr leidenschaftlich dargeboten wurden. Von lakonisch wankelmütig über versöhnlich entspannt bis hin zu definitiv wütend trug dieser ebenfalls so einige innere Zustände nach außen. Dabei hatten die beiden, bei aller zelebrierten Experimentierlust und -freude, durchaus hübsche Songs mit dem einen oder anderen Ohrwurm im Repertoire.
Nach einer guten Stunde inklusive einer Zugabe war Schluss – und das obwohl mein Favorit des aktuellen und bisher einzigen Albums der ALBINOBROTHERS, „Pandora“, gar nicht gespielt worden war. Wenn dieser Abend ein einziges kleines Manko hatte, dann wohl das!! Ansonsten lässt sich festhalten, dass dieses Konzert in allen Belangen sehr außergewöhnlich war.
Und kaum weniger beachtlich als die nicht selten angemessen extrovertierten künstlerischen Darbietungen, war während beider Äcts die große Aufmerksamkeit der Anwesenden. Chapeau an dieser Stelle also auch an das Publikum!! Die etwa dreißig Menschen lauschten durchweg gebannt den auf der Bühne erzeugten Klängen. Das ist beileibe nicht immer so, daher war es umso schöner, dass sich hier ganz ungestört im Schaffen der Künstler verloren werden konnte…
5.10.24
Neugierig? Dann nehmt euch bissl Zeit und geht einfach mal HIER oder DA lang zu den ALBINOBROTHERS sowie DA und DORT zu GLABRE. Viel Spaß!!