See you in the next one
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Irgendwann tu ichs. Irgendwann schlag ich die Drecksau tot. Einmal ist Schluss. Einmal reichts. Ständig hampelt sie vor mir herum. Setzt sich auf den Bildschirm vom Rechner, den Rand meiner Tasse, mein Essen, auf meinen Arm, meinen Hinterkopf, meine Hand. Und vor allem, was ihr den größten Spaß zu bereiten scheint: auf meine Nase.
Anfangs hab ich einfach nur kurz mit der Hand gewedelt, damit sie sich verpisst. Dann hat sie ne kleine Runde durch den halben Raum gedreht, um wieder zurück zu kommen. Zurück. Zu mir. In meine Nähe. Irgendwohin, auf mich drauf. Das Wedeln wurde stärker, schwoll zeitweise zu einem Schlagen an, während mir der besagte Kamm schwoll. Dreckvieh. Bist du einfach nur blöd oder lebensmüde? Verpiss dich, bevor ich dich zermatsche!!
Sogar, als ich draußen auf dem Balkon saß, kreiste sie um mich herum, unfähig, einfach in die große, weite Welt abzuhauen. Oder in einem Spinnennetz eines relativ natürlichen Todes zu sterben. Und dabei wenigstens noch einem Geschöpf nützlich zu sein. Aber nein. Draußen genau dasselbe verdammte Spiel wie drinnen. Dabei wollte ich nur in Ruhe lesen. Warte nur. Ich krieg dich, Mistvieh, ich krieg dich. Pass bloß auf, wenn dir dein jämmerliches Leben lieb ist.
Heute hab ich’s getan. Ich hab sie erschlagen. Mit ner Musikzeitschrift. Zack!!
Hast nicht aufgepasst, was, Miststück? War ich mal schneller als du. Tja. Jetzt ist nur noch ein ekliger kleiner Fleck aufm Tisch von dir übrig. Den werd ich mit einem Lappen wegwischen. Fertig. Dann ist dein bescheuertes Leben nicht nur unwiederbringlich ausgelöscht, sondern auch jeder Hinweis, dass du je existiert hast, auf ewig verschollen.
Tagelang hat sie mir Gesellschaft geleistet. Meist in der Küche, manchmal im Schlafzimmer, gelegentlich ist sie mir sogar bis hinaus auf den Balkon gefolgt. Dummes Ding. Konnte nichts anfangen mit der Freiheit, die ich ihr immer wieder nahe gelegt habe. Schien an mir gehangen zu haben, hat mich vielleicht sogar irgendwie gern gehabt. Oder war einfach bloß scharf auf meine Küchenabfälle, meine Speisen, den Geruch meiner Haut, frisch oder alt verschwitzt, oder gleich nach dem Duschen; hat für sie keine Rolle gespielt. Jetzt ist sie nur noch ein kleines, winziges Häufchen Matsch, nach dem nicht mal eine halb verhungerte Kröte ihre klebrige Zunge recken würde. Und sogar winziges Häufchen ist noch übertrieben, grade mal ein Fleck ist von ihr übrig. Wie erbärmlich. Und solch ein Wesen soll angeblich mal von Gott geliebt worden sein? Schwer, sich das vorzustellen. Was solls. Mit einem Wisch ist alles weg. Jetzt hab ich wenigstens wieder meine Ruhe.
Komisch. Als ich am heute von der Arbeit komme, mir einen Tee aufbrühe, eine Zigarette drehe, während der Rechner hochfährt, fehlt mir etwas. Still ist es geworden, in meiner Bude. Nichts bewegt sich, nichts, es summt nichts, es nervt nichts. Ich hab meine Ruhe. Und doch, irgendwie, für einen ganz kleinen Moment, vermisse ich meine ungewöhnliche, jetzt aber tote und weggewischte Freundin. Die Überreste per Abflussrohrbeerdigung würdelos entsorgt. Kleine, nervige Drecksfliege. See you in the next one!!