Max Goldt |
7.04.09 Freiburg, E-Werk |
Die erste Single, die ich in meinem Leben gekauft habe, war „Words“ von F. R. David. Das heißt, eigentlich war sie gar nicht selbst gekauft, sondern nur selbst ausgesucht. Bezahlt hat sie mir mein Vater, weil er in eine meiner damals noch ziemlich wenigen Langspielplatten einen Kratzer gemacht hat, und als Entschädigung dafür kriegte ich dann diese Single. „Words don´t come easy to me“ säuselte der Interpret darauf mit seiner Eunuchenstimme. Damals fuhr ich da ziemlich drauf ab. Heute kann ich beim Gedanken an dieses Stück nur amüsiert-wohlwollend lächeln und denken: Was für ein armer Tropf, der Herr David, der sich so schwer mit Worten tut. Dabei kann man mit denen doch so viel machen, nicht wahr? Man kann sie auf die Goldwaage legen, dem Gegenüber an den Kopf werfen oder vor den Latz knallen, man kann sie wählen, die richtigen suchen und die falschen finden. Man kann damit Tatsachen verdrehen und sie im Mund umdrehen, als Wortschwall oder einzeln loslassen, den Schiedsrichter oder Beamte damit beleidigen, sie ausdrücken oder als Wortfetzen zu Gehör bekomme – und am Ende kann man sie auch einfach wörtlich, ja, wortwörtlich nehmen. Wenn man Lust hat, kann man sogar eine Bänd gründen, die gar keine Musik auf Instrumenten spielt, sondern mit Worten um sich wirft, damit Wortspielereien macht, im besten Falle in wilder Melange aus alten und neuen Worten, bereits bekannten und herzhaft-frisch selbst kreierten und sich dann z. B. die Abstürzenden Altsprachen oder so nennen. Das alles und noch viel mehr kann man mit Worten machen, selbst wenn man nicht außer Acht lassen möchte, dass gelegentlich ein Blick mehr zu sagen in der Lage ist, als 1000 Worte…
Einen wunderbar wortdurchwobenen Abend präsentierte am Dienstag im wohl ziemlich ausverkauften großen Saal des E-Werk Max Goldt. Nach Jahren der breisgauischen Enthaltsamkeit fand er endlich wieder den Weg in den äußersten Südwesten der Republik, uns mit „viel Neuem und auch etwas Altem“ den Abend zu zuckern.
Gute zwei Stunden, dazwischen eine knappe halbe Stunde Pause, fabulierte er sich durch seine Texte, hier in milder, da in bissig-ironischer Manier, sprachlich bis ins kleinste Detail geschliffen und gebürstet, einfach unschlagbar.
Offenbar bester Laune schweifte der Wortakrobat durch seine Geschichten, immer wieder auch davon ab, um gelegentlich zum Ausgangspunkt zurück zu kehren – oder eben nicht. Je nach Belieben. Gleich, ob er von länger zurück liegenden Erlebnissen mit einer alten, preußischen Dame erzählte oder von TV-Sendungen von, über und mit künftigen Möchtegern-Top-Models, vermeintliche Kleinigkeiten und Begebenheiten aus dem Alltag akribisch durchleuchtete oder Absurdes darbot, es war eine reine Freude für die Zuhörenden. Kurzweilig, zu Lachen und Schmunzeln sowie selbstverständlich Nachdenklichkeit anregend gestaltete sich der Verlauf der Veranstaltung, bei welcher der Künstler nicht ausließ, zwischen dem Kundtun eigener Vorlieben und Abneigungen auch sich selbst hin und wieder aufs Korn zu nehmen.
Nach Ende der Vorstellung bleibt also erneut die Gewissheit zurück, den meines schlichten Erachtens derzeit führenden Meister der filigranen Rhetorik im Lande der Dichter und Denker gehört zu haben, Hand in Hand des Weges schlendernd mit der Vorfreude auf sein kommendes, voraussichtlich im Herbst erscheinendes Buch.