Against Me!

10.04.08 Straßburg, Laiterie

 

Die Wahrheit hat oft viele Gesichter. Und es liegt erquicklicher Weise im Ermessen jedes Einzelnen, sich seine eigene Version davon zu basteln. So habe ich in der Überschrift zu diesem Konzertbericht ganz bewusst und willentlich ein wenig geschummelt und gleich zwei Bänds, darunter den eigentlichen Hauptäct des Abends, so einfach wie genüsslich unterschlagen. Ganz korrekt müsste es nämlich lauten, dass die Dropkick Murphys in der Laiterie zu Gast waren, die auf ihrer Europatournee Against Me! als Special Guests dabei hatten, zudem als Opener und zur Komplettierung des Dreierpacks eine Bänd namens Deadly Sins. So viel zu den Fakten.

Doch fuck die Fakten, viel lieber erzähle ich hier meine Wahrheit:
An einem verregneten Donnerstagabend im April machte ich mich zusammen mit drei weiteren Musikinteressierten auf den Weg nach Straßburg zum Konzert von Against Me!, die dort nebst zwei weiteren Bänds in der Laiterie aufspielten. Nach ausschweifender Parkplatzsuche erreichten wir die Lokation recht pünktlich nach dem Auftritt der ersten Bänd, so dass gerade mal etwa eine viertel Stunde ausreichen musste, mit den Räumlichkeiten des geräumigen, gut und gerne an die tausend Menschen aufnehmenden großen Saals einigermaßen vertraut zu werden, bevor die vier Mannen aus Florida, ausgerüstet mit zwei Gitarren, Schlagzeug und Bass, ihr mit exakt vierzig Minuten leider viel zu knapp bemessenes Set beginnen durften. Doch um es vorweg zu nehmen: sie machten das bestmögliche daraus. Ohne Vorrede starteten sie mit „Up the Cuts“ vom aktuellen Album „New Wave“, welchem sie sogleich den Titelträck sowie die erste Singleauskoppelung „White People for Peace“ folgen ließen, letzteres unbestreitbar ein Überkracher-Hit von einem Punk-Rock-Ohrwurm.

Langsam wurde auch der Sound annehmbar, man konnte nun neben dem Lead-Gesang auch die fabelhaften, für diese Bänd so charakteristischen Bäckgroundchöre deutlich vernehmen. So ging es Schlag auf Schlag weiter, an eine Pause zum Luft holen war nicht einmal zu denken. In loser Reihenfolge spielten sie die aktuelle Platte bis auf zwei Lieder komplett durch, spickten das Set außerdem mit älteren Songs, wie zu meiner großen Begeisterung das seit langem zu den Alltime-Faves meiner imaginären Alltime-Hit-Liste gehörende „Pints of Guiness Make You Strong“ vom ersten Album, von welchem außerdem noch „Walking is still Honest“ gespielt wurde. Nicht fehlen durfte natürlich auch der wunderbare Mitgröl-Balladen-Ohrwurm „Sink, Florida Sink“ von „As the Eternal Cowboy“, dazu -- von ihrer meiner Meinung nach zwar insgesamt schwächsten, jedoch zweifelsohne immer noch sehr gut gelungenen Scheibe „Searching for a Former Clarity“ -- das groovige „Don´t Loose Touch“ sowie „From Her Lips to God´s Ears (The Energizer)“. Ja, sie knallten uns ihre Kracher geradewegs um die Ohren, ohne in irgendwelchen Ansprachen oder Ansagen Spielzeit zu verlieren. Es schien, als würde es die Jungs um den hervorragenden Sänger und Rhythmusgitarristen Tom Gabel genauso ankotzen, unter solch unwürdigem Zeitdruck zu stehen, und sie daher versuchten, dem Publikum so viel wie möglich von ihrer großartigen Musik zu geben.

Dies, meine werten Damen und Herren, ist ihnen ausgezeichnet gelungen, wie ich hier kundtun möchte, auf dass ich Gehör finden möge. Und selbst trotz des zweiten Mankos, dem insgesamt zwar okayen, mich aber nicht gänzlich zufrieden stellenden Sound, der nämlich leider etwas dumpf klang und häufig der Lead-Gitarre nicht so richtig die Geltung zukommen ließ, die ihr von Zeit zu Zeit unbedingt hätte gebühren sollen. Anyway – und obwohl mir auch solche Sätze wie „in der Kürze liegt die Würze“ in diesem Falle aufs Geratewohl gestohlen bleiben können – es war ein sehr geiles Konzert, bei welchem die Bühnenakteure wie auch das Publikum selbst für die müdesten Augen sichtbar Spaß hatten.
Against Me!, das ist Punkrock at its best!! Bitte mehr davon!! Yeah!!

Tja, und wie das eben so ist, wenn man eine seiner Lieblingsbänds grade live begutachten durfte, bleibt einem nicht mehr viel Interesse für das, was danach kommt. So ließ ich dennoch eine gute Stunde lang die Darbietung des Folk-Punks mit nicht nur zeitweise stark irischem Einschlag von den Bostoner Dropkick Murphys eher so anstandshalber denn wirklich mitgerissen über mich ergehen, bevor ich mich vorzeitig und etwas gelangweilt aus dem Konzertsaal verdrückte, um noch einmal die restliche Lokalität zu erkunden, zwei leckere Vinyl-Singles zu erstehen und mich unter den Reigen der Nikotinabhängigen zu mischen.
Nachdem dann auch unsere kleine Gruppe kurz nach Beginn des Zugabenblocks der noch immer wacker musizierenden Hauptbänd wieder vereint war und die letzten Einkäufe getätigt sowie die Jacken abgeholt waren, schlichen wir uns müde und im Großen und Ganzen doch recht zufrieden aus der durchaus hübschen Laiterie und durch den noch immer hartnäckig anhaltenden Regen vom Geschehen zurück.

Anmerkung des Autors:
Für die Auflistung der dargebotenen Songs übernehme ich natürlich wie gehabt keine Gewähr, da ich mir schließlich während eines Konzerts keine Notizen mache, sondern mich danach gänzlich auf mein Erinnerungsvermögen zu verlassen pflege.

 

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